Konjunkturpaket bringt Entlastungen für Verbraucher
Stand: 05.06.2020
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Entlastungen beim Strompreis, mehr Geld für Familien und eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer: Mit einem 130 Milliarden schweren Konjunkturpaket will die Bundesregierung die Folgen der Corona-Krise abfedern und die Wirtschaft wieder ankurbeln. Das Programm der Bundesregierung gliedert sich in zwei Teile, ein Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket sowie ein Zukunftspaket. So soll zusätzlich in Zukunftstechnologien wie 5G-Mobilfunk und Elektrofahrzeuge investiert werden. Was bedeuten die einzelnen Maßnahmen für Verbraucher? Ein Überblick über die wichtigsten Entlastungen in den Bereichen Energie, Telekommunikation, Finanzen, Auto und Versicherungen.
1. Energie
Strompreise sollen gesenkt werden
Die Konjunkturmaßnahmen entlasten private Stromverbraucher spürbar. Durch die Senkung der Mehrwertsteuer reduziert sich der Strompreis um 2,5 Prozent auf 29,2 Cent pro Kilowattstunde. Für eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh sinken die Stromkosten damit um rund 15 Euro. Für alle privaten Stromkunden zusammen summiert sich die Entlastung auf rund 490 Millionen Euro.
Stromkunden werden um 1,8 Milliarden Euro entlastet
Außerdem hat die schwarz-rote Koalition eine Absenkung und Deckelung der EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen für das kommende Jahr beschlossen. Die Einsparungen für einen Musterhaushalt betragen 36 Euro – sofern die anderen Strompreisbestandteile gleichbleiben. Alle geplanten Maßnahmen zusammen sparen privaten Stromkunden in den kommenden 30 Monaten rund 1,8 Milliarden Euro. „Angesichts der jüngsten Prognosen zum deutlichen Anstieg der EEG-Umlage ist die Deckelung ab dem kommenden Jahr für Verbraucher eine gute Nachricht. Durch die Absenkung der Mehrwertsteuer sinkt der Strompreis außerdem sofort spürbar und könnte damit die Mehrkosten kompensieren, die viele Verbraucher durch Home-Office oder Kinderbetreuung in diesem Jahr erwarten müssen. Insgesamt bleibt der Strompreis aber auf einem hohen Niveau und gehört nach wie vor mit zu den höchsten in Europa“, resümiert Valerian Vogel, Energieexperte von Verivox.
Mehr erfahren: Konjunkturpaket entlastet Stromkunden um 1,8 Milliarden Euro
2. Finanzen
Die Mehrwertsteuer sinkt für ein halbes Jahr
Es ist die wohl größte Überraschung im Konjunkturpaket der Bundesregierung und soll den Konsum wieder ankurbeln: Ab Juli wird die Mehrwertsteuer bis zum Jahresende von 19 auf 16 Prozent gesenkt; der ermäßigte Mehrwertsteuersatz reduziert sich von 7 auf 5 Prozent. Verbraucher werden um 20 Millionen Euro entlastet, wenn die Preise entsprechend günstiger werden.
Familien erhalten 300 Euro Kinderprämie
Auch Familien sollen entlastet werden: Wer Kindergeld bezieht, erhält eine Einmalzahlung von 300 Euro pro Kind. Die Auszahlung erfolgt voraussichtlich in drei Raten zu je 100 Euro zusammen mit dem Kindergeld. Wichtig zu wissen: Der Kinderbonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.
Überbrückungshilfen für Mittelständler und Soloselbstständige
Mittelständler und Soloselbstständige erhalten für die Monate Juni bis August Überbrückungshilfen. Die Hilfen gelten für alle Branchen. Hart getroffene Wirtschaftszweige – wie die Hotel- oder Reisebranche – sollen besonders berücksichtigt werden. Antragsberechtigt sind nur Unternehmen, mit drastischem Umsatzrückgang von bis zu 60 Prozent in April und Mai gegenüber dem Vorjahr und mindestens 50 Prozent von Juni bis August.
Kürzere Insolvenzverfahren: Drei statt sieben Jahre
Entschuldungsverfahren werden auf drei Jahre verkürzt. Bislang dauert es sieben Jahre, bis natürliche Personen nach einer Insolvenz wieder schuldenfrei sind.
Weitere Informationen: Neue Stundungsregeln für Kredite wegen der Coronakrise
3. Telekommunikation
Das geplante Zukunftspaket beinhaltet darüber hinaus auch verschiedene Vorhaben aus den Bereichen Telekommunikation und Digitalisierung.
Volle Kraft auf 5G
So haben die Koalitionspartner beispielsweise ihre Absicht bekräftigt, bei den zukünftigen Kommunikationstechnologien 5G und perspektivisch 6G in der Weltspitze als Technologieanbieter eine „führende Rolle“ einnehmen zu wollen. Der 5G-Ausbau soll „massiv beschleunigt“ werden; bis 2025 soll ein flächendeckendes 5G-Netz in ganz Deutschland entstehen. Dafür werde die neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes mit fünf Milliarden Euro ausgerüstet. „Ob dieses Geld sinnvoll eingesetzt ist, wird die Zukunft zeigen“, sagt Verivox-Telekommunikationsexperte Eugen Ensinger. „Bereits die Gründung dieser Infrastrukturgesellschaft dürfte mit einem hohen Zeitaufwand verbunden und sehr kostspielig sein. Staatliche Eingriffe sollten sich auf wirklich kritische Standorte beschränken, wo die Netzbetreiber mit eigenen marktwirtschaftlichen Mitteln nicht weiterkämen“, so Ensinger.
Besserer Handyempfang im Zug
Für eine leistungsfähigere Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur ist auch eine Verbesserung des Mobilfunkempfangs entlang der Schienentrassen vorgesehen. Die dafür notwendige Umrüstung in den Zügen will der Bund in diesem und im kommenden Jahr „noch stärker unterstützen“. Der Finanzbedarf hierfür wird auf 150 Millionen Euro geschätzt.
Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung
Weiterhin soll die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung mit einer Milliarde Euro gefördert sowie das Programm „Smart City“ um 500 Millionen Euro aufgestockt werden.
Vereinfachte Glasfaserförderung
„Angekündigt wurde außerdem eine Entbürokratisierung und Weiterentwicklung der Glasfaser-Förderung“, sagt Ensinger. „Das ist überfällig, denn in der Vergangenheit war oft nur ein Bruchteil der Fördergelder zum Breitbandausbau abgerufen worden.“
„Außerdem ist die Senkung der Mehrwertsteuer ab Juli eine gute Nachricht für Verbraucher – zumal, wenn eine größere Anschaffung ansteht,“ sagt Ensinger. „Wenn es um den Kauf von Hardware geht, ist die Kombination aus einem optimalen Tarif und einem getrennt davon erworbenen Gerät aus Kundensicht meist die günstigste Lösung.“
4. Auto und Versicherungen
Beiträge zur Sozialversicherung werden stabilisiert
Im Rahmen einer „Sozialgarantie 2021“ sollen die Sozialversicherungsbeiträge, zu denen auch die Krankenkassenbeiträge gehören, bis Ende 2021 bei maximal 40 Prozent stabilisiert werden. Was über den Deckel hinaus an Beiträgen notwendig ist, wird vom Bundeshaushalt übernommen.
Das sind die Auswirkungen: Der Staat möchte Sozialversicherungsbeiträge deckeln. Das würde bedeuten, dass drohende Beitragserhöhungen nicht voll auf das Portemonnaie der Versicherten durchschlagen.
Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, Professor für Gesundheitsmanagement an der Universität Duisburg-Essen, schätzt gegenüber der „Wirtschaftswoche“ ein, dass die Krankenkassen mit einer Verdoppelung des staatlichen Zuschusses rechnen könnten. Viele Krankenkassen müssten den Beitrag infolge der Corona-Kosten und der schlechten Wirtschaftslage anheben. Damit wäre die 40-Prozent-Grenze bei den Lohnnebenkosten durchbrochen. Der Deckel sorgt für eine Entlastung der Versicherten.
Förderung von Elektromobilität
Der Bund verdoppelt seinen Kaufzuschuss für Elektroautos. Das gilt bis zum Ende des Jahres. Damit Elektroauto-Fahrer zukünftig auch einen Platz zum Laden finden, investiert der Bund 2,5 Milliarden Euro in den Ausbau des Ladesäulen-Netzes und in die Forschung. Außerdem soll die Kfz-Steuer stärker an den CO2-Emissionen ausgerichtet werden. Autos, die wenig oder gar kein CO2 ausstoßen, sind im Vorteil. Reine Elektroautos sind bisher schon 10 Jahre komplett von der Steuer befreit. Diese Regelung wird nun verlängert.
Das bedeuten die Maßnahmen für Verbraucher: Elektroautos mit einem Nettolistenpreis bis 40.000 Euro erhalten nun eine Umweltprämie von 6.000 statt bisher 3.000 Euro. Zusätzlich zur staatlichen Prämie gibt es den Zuschuss des Herstellers in Höhe von 3.000 Euro. Modelle wie Renault Zoe, VW ID.3 oder Tesla Model 3 werden dann mit 9.000 Euro gefördert. Kleine Modelle wie der Seat Mii electric oder der Smart EQ kosten mit Förderung etwas mehr als 10.000 Euro.
Für Elektroautos mit einem Nettolistenpreis zwischen 40.000 und 65.000 Euro erhöht sich die maximale Prämie, die Bund und Hersteller zahlen, von 5.000 auf 7.500 Euro. Auch Plug-in-Hybride, die zusätzlich noch über einen Verbrennungsmotor verfügen, profitieren von der Regelung. Ihr Zuschuss steigt auf 6.750 Euro (bis 40.000 Euro Kaufpreis) oder 5.625 Euro (bis 65.000 Euro).
Im Januar 2020 waren in Deutschland rund 140.000 reine Elektroautos zugelassen. „Am Ende des Jahres dürfte die Zahl deutlich über 200.000 liegen. Schon von Januar bis April lagen die Neuzulassungen von E-Autos 50 Prozent über dem Vorjahr. Dabei waren bedingt durch Corona während der Ausgangsbeschränkungen vielerorts gar keine Zulassungen möglich“, sagt Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH. Zusätzlich zu den speziellen Förderungen für E-Autos profitieren Käufer natürlich noch von der gesenkten Mehrwertsteuer.
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