Berlin (dpa) - Nach heftiger Kritik aus Koalition und Opposition soll der Abbau von Steuervergünstigungen beim Biosprit nun doch glimpflicher ausfallen als zunächst geplant. So soll Ökodiesel zwar von 2007 an besteuert werden, der Steuersatz aber unter dem normalen Mineralölsteuersatz von 47 Cent je Liter bleiben. Darauf haben sich Finanz- und Umweltpolitiker der großen Koalition im Grundsatz verständigt, wie der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, am Montag auf dpa-Anfrage mitteilte. Im Gespräch sei ein Steuersatz von etwa 10 oder 15 Cent je Liter, sofern der Biodiesel nicht mit fossilem Dieselsprit aus Mineralöl vermischt werde. Kelber geht davon aus, dass letzte Einzelheiten noch im Laufe der Woche zwischen SPD und Union endgültig festgezurrt werden.
"Biokraftstoff wird immer billiger am Zapfhahn bleiben als herkömmlicher Sprit", sagte der SPD-Politiker zur anhaltenden Kritik von FDP und Grünen. Annähernd voll besteuert werden solle er jedoch bei Beimischungen mit herkömmlichem Diesel. Das für Ottomotoren produzierte Bioethanol solle steuerfrei bleiben, da es - anders als Biodiesel - die Marktreife noch nicht erreicht habe. Die in Stufen bis 2010 auf 5,7 Prozent Ökodiesel erhöhte Beimischungspflicht solle 2006 starten. Wegen der jetzt abgemilderten Neuregelung und der noch geringen Beimischung gehen Experten von geringeren
Preissteigerungen 2007 aus als die zuletzt genannten 3 Cent je Liter. Daneben sind dann aber weitere 3 Cent Spritverteuerung in Folge der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent so gut wie sicher.
Die steuerlichen Mehreinnahmen für den Fiskus umfassten im ersten Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag und kletterten dann auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro, sagte Kelber. Ziel sei es, den Biosprit-Anteil am gesamten Kraftstoffverbrauch von jetzt etwa 2 Prozent auf mindestens acht Prozent zu vervierfachen. "Und je höher die Beimischung ist, desto unabhängiger werden wir vom Öl und seinen rasanten Preissteigerungen." Die Steuer auf den Beimischungsanteil des Ökosprits sei "sehr wohl von Mineralölkonzernen wie Exxon mit einem Jahresgewinn von 35 Milliarden Dollar zu verkraften".
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warnte vor falschen Klima-Signalen durch Verzicht auf die Förderung nachwachsender Rohstoffe wie Raps. Auch synthetische Biokraftstoffe müssten weiter gefördert werden. Beim Biodiesel seien die Auswirkungen weniger fatal. Er sei bereits an 1900 Tankstellen in Deutschland verfügbar. FDP-Energieexpertin Christel Happach-Kasan forderte Planungssicherheit für Verbraucher, Landwirte und Wirtschaft. "Eine Absenkung der steuerlichen Entlastung für Biokraftstoffe zum Ausgleich der Mitnahmeeffekte durch die hohen
Energiepreise wäre akzeptabel", räumte sie allerdings ein.
Der Automobilclub ADAC lehnte eine "versteckte Steuererhöhung" über die Beimischungspflicht ab. Derzeit liege der Preis für Biodiesel bei rund 98 Cent je Liter und damit gemäß steuerlicher Freistellung um zehn Cent unter dem Preisniveau für Normaldiesel.
Die Mineralölwirtschaft verwies darauf, dass die höheren Preise für Bio-Komponenten in jedem Fall von den Verbrauchern getragen werden. Sie zahlten entweder direkt als Konsumenten einen höheren Tankstellenpreis oder über ihre Steuern, heißt es in einer Mitteilung des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). Ohne Steuernachlässe seien Biokraftstoffe mindestens doppelt so teuer wie
Sprit aus Mineralöl.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte die Regierungspläne zur Besteuerung von Biokraftstoffen. Ihr Sprecher Gerd Lottsiepen bestätigte im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" (Montag) aber, ein Benzinpreisanstieg um drei Cent pro Liter durch Steuerwegfall und Beimischungspflicht wäre zu hoch gegriffen. Eine Besteuerung von Bio- Kraftstoffen und die Beimischungspflicht würden "die
Spritpreise maximal um etwa 1,5 Cent pro Liter verteuern."