Experten: PV-Anlagen auf Tagebauseen können fast 3 Gigawatt Strom liefern
Stand: 04.02.2020
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Schwimmende Solarkraftwerke sind keine völlig neue Idee. Bisher sind die PV-Anlagen in Deutschland aber nur sehr selten zu finden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat jetzt untersucht, wie rentabel das sogenannte Floating PV auf den Braunkohle-Tagebauseen hierzulande genutzt werden könnte.
Rund 500 Seen durch geflutete Tagebaue
Durch den Braunkohletagebau entstanden in Deutschland knapp 500 Tagebauseen mit einer Gesamtfläche von 47.251 Hektar. Die meisten davon liegen in Brandenburg (29,8 Prozent), Sachsen-Anhalt (28,2 Prozent) und Sachsen (15,7 Prozent). Um deren Stromerzeugungspotenzial abzuschätzen, führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler u.a. Potenzialabschätzungen durch und interviewten Behörden und Experten aus den Bereichen Genehmigung, Planung, Installation und Gewässerschutz.
Wie viel Strom könnten die schwimmenden PV-Anlagen produzieren?
Das technische Potenzial auf Braunkohle-Tagebauseen in Deutschland wird in der Studie, die von dem Energiedienstleister BayWa r.e. in Auftrag gegeben wurde, auf 56 Gigawatt Peak (GWp) geschätzt. Nach Abzug der für Freizeitaktivitäten, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz geplanten Flächen verbleibt demnach ein wirtschaftliches Potenzial von 2,74 Gigawatt.
Für das Gelingen der Energiewende würde in Deutschland – je nach Szenario – ein Photovoltaik-Ausbau von bis zu 500 Gigawatt benötigt, erklären die Experten des Fraunhofer ISE. Aufgrund der begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche müssten landneutrale Lösungen entwickelt werden. Sogenannte Floating PV- Anlagen auf künstlichen Seen könnten dazu beitragen, Landnutzungskonflikte für den PV-Ausbau in Deutschland zu entschärfen. Darüber hinaus weise die Technologie einige Vorteile gegenüber Freiflächenanlagen auf, wie beispielsweise die erhöhte Stromproduktion aufgrund des Kühleffekts des Gewässers oder eine höhere Flächennutzungseffizienz.
Verschiedene Befestigungsmöglichkeiten für Solarmodule
Die Solarmodule und in den meisten Fällen auch die Wechselrichter werden auf Schwimmkörpern montiert, die je nach Lösung am Ufer oder im Seegrund verankert sind, erklären die Wissenschaftler des Instituts. Tagebauregionen seien insofern gut geeignet, da sie netztechnisch bereits gut angeschlossen seien. Sei eine Verankerung an Land nicht möglich, könnten z.B. klassische Schiffsanker zum Einsatz kommen. Die Stromgestehungskosten von Floating PV-Anlagen lägen im Schnitt um 10-15 Prozent über denen von herkömmlichen Freiflächen-PV-Kraftwerken.
Noch größeres Potenzial für Floating PV in Deutschland
Andere künstliche Gewässertypen sowie die natürlichen Standgewässer seien in der Studie nicht berücksichtigt worden, sodass von einem insgesamt deutlich größeren Potenzial auszugehen sei. In Deutschland gäbe es 4.474 künstliche Standgewässer, die meist aus dem Tagebau für Baumaterialien entstanden seien. So existierten 725 Baggerseen und 354 Kiesseen, der Anteil der Braunkohletagebauseen läge nur bei 12,9 Prozent.