Karlsruhe (dpa) - Die Strompreise werden in den kommenden Jahren nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden des Stromkonzerns EnBW, Utz Claassen, steigen. "Sie werden bis 2020 im zweistelligen Prozentbereich steigen", sagte er in einem dpa-Gespräch. Neben höheren Preisen für fossile Energieträger auf dem Weltmarkt und staatlichen Lasten sei dafür der bis dahin vereinbarte Atomausstieg verantwortlich.
Zwar ist es für Claassen neben dem Gebot von Vertrags- und Gesetzestreue "eine Frage des Anstands", sich an den mit der Regierung vereinbarten Ausstieg zu halten. "Wenn die Politik und Gesellschaft für einen Ausstieg ist, dann muss man das respektieren." Zugleich betonte er: "Es ist aber auch eine Frage des Anstands, dass man sich über die Folgen unterhält." Dazu zählt er mehr Kohlendioxidemissionen und höhere
Strompreise durch steigende Erzeugungskosten.
Aus Sicht des Energiemanagers werden parteipolitische Erwägungen in einigen Jahrzehnten aber ohnehin keine Rolle mehr spielen. "Der
Energiemix des Jahres 2050 wird von globalen Trends bestimmt sein." Aus seiner Sicht wird diese Entwicklung in Deutschland unterschätzt: "Wir leben nicht in einer geschlossenen Volkswirtschaft und nicht in einer geschlossenen Gesellschaft." Eine vernünftige Energiepolitik sei "nicht regional, nicht national, sondern global zu gestalten", meinte Claassen. "Dafür braucht man die richtigen Mechanismen und Prozesse, die es leider heute noch nicht gibt."
Bislang habe nur ein Bruchteil aller Menschen auf dieser Welt einen uneingeschränkten Zugang zu
Energie. Damit allein die Einwohner Chinas auf das Wohlstandsniveau der Deutschen kämen, wären nach Angaben Claassens 2000 neue Kraftwerke mit jeweils 500 Megawatt nötig. Weiteres Bevölkerungswachstum und andere Wachstumsmärkte wie Indien oder Indonesien seien dabei noch nicht einmal eingerechnet.
Die
EnBW ist mit 5,4 Millionen Energiekunden der drittgrösste deutsche Stromkonzern. Das Karlsruher Unternehmen zählt bei einem Umsatz von knapp zehn Milliarden Euro 17.700 Mitarbeiter.