Netzstabilität
Für eine zuverlässige und vor allem unterbrechungsfreie Stromversorgung ist die Netzstabilität von elementarer Bedeutung. Aufgrund der von der Bundesregierung angestrebten Energiewende verdrängen dezentrale Erzeugungsanlagen wie Windräder oder Photovoltaiksysteme die Großkraftwerke zunehmend. Diese Umwälzung des Versorgungssystems stellt die Netzbetreiber vor enorme Herausforderungen.
- Definition: Was bedeutet Netzstabilität?
- Netzstabilität und Frequenz
- Netzstabilität und erneuerbare Energien
- Stromnetz in Deutschland
- Verwandte Themen
- Weiterführende Links
Das Wichtigste in Kürze
- Netzstabilität liegt vor, wenn eine Balance zwischen Stromproduktion und -verbrauch besteht.
- Die Netzstabilität gilt als gefährdet, wenn die Netzfrequenz um mehr als 200 Millihertz nach oben oder unten vom Nennwert 50 Hertz ausschlägt.
- Deutschland besitzt ein sehr stabiles Stromnetz, denn je Verbraucherin beziehungsweise Verbrauch fällt der Strom im Durchschnitt weniger als 15 Minuten pro Jahr aus.
Definition: Was bedeutet Netzstabilität?
Strom lässt sich im Übertragungsnetz nicht speichern. Um einen sicheren und stabilen Betrieb des Netzes zu gewährleisten, muss die Stromeinspeisung daher stets der Stromausspeisung entsprechen. Anders ausgedrückt bedeutet dies: Es muss immer ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch bestehen, damit Netzstabilität gegeben ist. Zu einem stabilen Stromnetz tragen sowohl eine schwankungsfreie Netzspannung als auch eine gleichmäßige Netzfrequenz bei. Geraten die beiden Variablen außerhalb der festgelegten Toleranzbereiche, nehmen ans Stromnetz angeschlossene Geräte unter Umständen Schaden. Im Extremfall kann sogar die Stromversorgung zusammenbrechen.
Um die Netzstabilität zu erhalten, rufen die Netzbetreiber von anderen Netznutzern sogenannte Systemdienstleistungen ab. Blindleistung – derjenige Teil der Gesamtleistung, der Endverbraucherinnen beziehungsweise -verbrauchern nicht zur Verfügung steht – dient dazu, die schwankungsfreie Netzspannung zu gewährleisten. Eine gleichmäßige Netzfrequenz wird dagegen durch die Bereitstellung von Regelenergie ermöglicht. Dabei handelt es sich um eine im Notfall abrufbare Reserve. Im Falle temporärer Bedarfsspitzen wird die Leistung der Kraftwerke kurzfristig erhöht. Bei zu geringer Stromnachfrage werden dagegen zusätzliche Verbraucher wie Pumpspeicherkraftwerke zugeschaltet, die den Überschussstrom auffangen. Dafür nutzen die Übertragungsnetzbetreiber drei verschiedene Arten von Regelenergie:
- Die Primärregelleistung (PRL) stellt die vorgehaltene Leistung dar, die bei Bedarf innerhalb einer Zeitspanne von 30 Sekunden für mindestens 15 Minuten verfügbar sein muss. Sie wird durch das europäische Verbundnetz bereitgestellt
- Die Sekundärregelleistung (SRL) bezeichnet die Stromerzeugungsleistung, die sich innerhalb von fünf Minuten aktivieren beziehungsweise deaktivieren lässt. Im Gegensatz zur Primärregelleistung ist hier der nationale Übertragungsnetzbetreiber für die Bereitstellung verantwortlich.
- Bei der Minutenreserveleistung (MRL) handelt es sich um die innerhalb von 15 Minuten zur Verfügung stehende vorgehaltene Leistung. Die Minutenreserve können sowohl Kohle- und Gaskraftwerke bereitstellen, aber beispielsweise auch Pumpspeicherkraftwerke und Bioenergieanlagen.
In welchem Zusammenhang stehen Netzstabilität und Frequenz?
In Verbundnetzwerken schwankt die die Netzfrequenz in einem bestimmten Toleranzbereich um einen festgelegten Nennwert. Dabei gilt: Je größer das Verbundnetz und umso besser die Regelung der einzelnen Kraftwerke, desto stabiler lässt sich die Frequenz im vorgegebenen Bereich halten. Die Netzfrequenz wird stets in Hertz (Hz) angegeben. Für öffentliche Verbundstromnetze haben sich weltweit zwei Frequenzen etabliert. In Europa – und auch im Großteil Asiens und Afrikas sowie in Australien und Teilen Südamerikas – findet eine Netzfrequenz von 50 Hertz Verwendung. Der Rest der Welt nutzt eine 60-Hertz-Frequenz.
Um die Netzstabilität nicht zu gefährden, muss die Wirkleistung im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt möglichst exakt der Leistungsabnahme durch Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen. Da sich ein solches Gleichgewicht nie vollständig erreichen lässt, darf die Netzfrequenz in Europa bis zu 200 Millihertz um den Nennwert schwanken. Im Falle eines Überangebots erhöht sich die Netzfrequenz. Bei einem Unterangebot sinkt die Frequenz dagegen ab.
Netzstabilität: Welche Herausforderungen ergeben sich durch erneuerbare Energien?
In der Vergangenheit erzeugten vor allem Großkraftwerke Strom, der zunächst zu den Lastzentren und im Anschluss zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern floss. Das heißt letztlich: Die Stromerzeugung basierte früher auf einem reinem Wechselspannungssystem und einseitigen Energieflüssen. Aufgrund der Energiewende hat sich die Situation deutlich geändert, denn nun geht der Trend zu dezentralen Energiesystemen.
Die regenerativen Erzeugungsanlagen haben jedoch einen Einfluss auf die Netzqualität – beispielsweise durch Netzrückwirkung von Solaranlagen. Allerdings sind nicht nur erneuerbare Energiequellen für einen Anstieg der Prozesskomplexität verantwortlich. Dazu tragen auch energiesparende Haushaltsgeräte, moderne Leistungselektronik und die Elektromobilität bei. Um trotz der gestiegenen Anforderungen weiterhin eine hohe Ausfallsicherheit der Stromnetze gewährleisten zu können, ist es notwendig, Anlagen und Netze miteinander abzustimmen. Als zentraler Faktor für die Netzstabilität gelten Speichertechnologien. Diese speichern überschüssige Energie aus Erzeugungsspitzen zwischen, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzugeben.
Wie stabil ist das Stromnetz in Deutschland?
Die Bundesrepublik verfügt über ein im internationalen Vergleich gut ausgebautes und relativ verzweigtes Stromnetz, das sich in Übertragungs- und Verteilernetze unterteilt. Durch die Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien ist es tendenziell zwar schwieriger, Netzstabilität zu garantieren. Auch wenn Gegner der Energiewende immer wieder damit argumentieren, dass erneuerbare Quellen die Versorgungssicherheit gefährden würden, lassen die von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Daten einen solchen Schluss nicht zu. Deutschland gehört im weltweiten Vergleich sogar zu den Ländern mit der zuverlässigsten Stromversorgung. Im Jahr 2019 lag die durchschnittliche Unterbrechungsdauer je Verbraucherin beziehungsweise Verbraucher bei nur 12,2 Minuten.
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