Land verweigert Auflage für Reaktor Philippsburg - EnBW wehrt sich [Update]
Stand: 26.02.2005
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Stuttgart/Karlsruhe (dpa) - Im Streit um die Sicherheit im Atomkraftwerk Philippsburg weigert sich Baden-Württemberg, eine vom Bund geforderte Auflage gegen die Betreiber zu erlassen. "Was das Bundesumweltministerium von uns verlangt, ist rechtswidrig", sagte Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) am Freitag in Stuttgart. Die von Berlin angestrebte Regelung würde die Energie Baden-Württemberg (EnBW) als Betreiber zwingen, die Anlage auch dann vom Netz zu nehmen, wenn aus sicherheitstechnischer Sicht eigentlich keine Zweifel beständen. Das Land könne in diesem Fall auch zu einer hohen Haftung herangezogen werden.
Der Bund hatte das Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg als zuständige Genehmigungsbehörde aufgefordert, einen Bescheid nach dem Vorbild der so genannten Biblis-Auflage zu erlassen. Mit dieser Auflage vom Juni 2004 sollte der Betreiber nach Angaben des Wirtschaftsministeriums verpflichtet werden, die Anlage ohne Anordnung der Aufsichtsbehörde vom Netz zu nehmen, sollten in der Genehmigung festgelegte Grenzwerte nicht eingehalten werden. Auch nicht sofort widerlegbare Zweifel könnten dabei als Gründe ausreichen, die Anlage herunterzufahren. Die RWE AG klagt derzeit als Betreiberin des hessischen Kernkraftwerks Biblis gegen die Auflage.
Der Grünen-Fraktionschef im Landtag, Winfried Kretschmann, verteidigte die Forderung des Bundesumweltministeriums als "logische Konsequenz" aus einem mangelhaften Sicherheitsmanagement und aus den Informationsdefiziten. EnBW-Vorstand Thomas Hartkopf sagte: "Die Darstellung in der Öffentlichkeit ist völlig ungerechtfertigt." Der sichere Betrieb der Anlage sei "zu jeder Zeit uneingeschränkt gewährleistet" gewesen.
Das Atomkraftwerk Philippsburg
Das Kernkraftwerk Philippsburg (KKP) liegt etwa 30 Kilometer nördlich von Karlsruhe direkt am Rhein. Es liefert jährlich bei Verfügbarkeitswerten von über 95 Prozent rund 18 Milliarden Kilowattstunden Strom - etwa ein Drittel der in Baden- Württemberg benötigten Elektrizität. Zum Vergleich: Eine Durchschnittsfamilie verbraucht etwa 4000 Kilowattstunden im Jahr. Betreiber des Meilers ist die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW).
Die beiden Blöcke des Atomkraftwerks stehen auf einer Insel und werden mit Rheinwasser gekühlt. Im KKP arbeiten zur Zeit rund 670 Beschäftigte der EnBW. Hinzu kommen etwa 350 Mitarbeiter von Fremdfirmen, die dauerhaft in der Anlage eingesetzt werden.
Im Herbst 2001 musste der zweite Block nach einer Pannenserie für zehn Wochen vom Netz genommen werden. Dies kostete die EnBW nach eigenen Angaben mehr als 58 Millionen Euro.