Stromausfall in Skandinavien: Nöte, Chaos und Witziges
Stand: 23.09.2003
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Kopenhagen/Malmö (dpa) - Für fast vier Millionen Dänen und Schweden ist am Dienstag die Stromversorgung komplett zusammengebrochen. Nachdem ein Schaltfehler am schwedischen Atomkraftwerk Oskarshamn per Kettenreaktion in ganz Südschweden und auf der dänischen Insel Seeland mit Kopenhagen sowie auf Bornholm und auf Lolland-Falster die Stromversorgung mittags um 13.15 Uhr ausser Betrieb setzte, ging sehr schnell gar nichts mehr. Der öffentliche Verkehr brach zusammen, die Arbeit musste eingestellt werden, Polizei und Feuerwehr hatten alle Hände voll mit Soforthilfe zu tun.
"Wir haben auch im Verkehrschaos nur freundliche Gesichter gesehen", kommentierte ein Polizeisprecher im Rundfunk die Tatsache, dass am frühen Nachmittag fast alle Hauptstädter auf einen Schlag ihre nicht mehr funktionsfähigen Arbeitsplätze Richtung Wohnung oder Haus verliessen. Da Bahn, S-Bahn, U-Bahn und auch zahlreiche Busse nicht verkehren konnten, waren die Strassen schnell hoffnungslos verstopft.
Etwa die Hälfte aller Geschäfte, darunter alle Banken, schlossen sofort, weil weder Computer noch elektronische Kassen funktionierten. Für den Verkehr ohne Ampelregulierung wiederholte der Rundfunk alle paar Minuten die vielen offenbar nicht mehr geläufige Regel "rechts vor links". Die Autofahrer seien aber generell sehr rücksichtsvoll und freundlich miteinander umgegangen, verlautete aus der Polizeizentrale.
Der Kopenhagener Rundfunk versuchte seine Hörer mit den weniger ernsten Seiten des Stromausfalls zu trösten. So beschrieb ein Reporter aus einem schicken Friseurgeschäft im Stadtzentrum die wilden Frisuren einiger Kundinnen und Kunden, die ihr nicht ganz wunschgemässes Aussehen wegen der unterbrochenen Sitzung ausnahmslos selbst witzig fanden.
Einen weitgehenden Zusammenbruch ihrer Netze verzeichneten die Telefongesellschaften. Weil die meisten Firmen-Telefone ausgefallen waren, gingen so gut wie alle auf ihre Handys über und blockierten sich damit streckenweise gegenseitig. Auch hier mussten die Behörden über Rundfunk zu "äusserster Zurückhaltung" auffordern, damit wenigstens Notrufe durchkommen könnten.
Verblüffung löste am Nachmittag aus, dass die schwedischen Stromversorger offenbar besser auf Notsituationen vorbereitet waren als die dänischen. Gut zwei Stunden nach Beginn des Stromausfalls meldete die Notzentrale in Malmö, dass die zwei Millionen betroffenen Schweden von der Südspitze des Bezirks Schonen bis fast hinauf nach Stockholm sowie auf der Ostseeinsel Gotland wieder über Strom verfügten. Zur selben Zeit konnten erst 20 Prozent der Haushalte auf Seeland mit Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen als Zentrum wieder ihr gewohntes Licht anknipsen, Kaffee kochen, ins Internet gehen oder im Fernsehen Berichte über den Stromausfall studieren. Erst für den Abend, acht Stunden nach Beginn des Ausfalls, wollten die dänischen Elektrizitätswerke wieder eine normale Versorgung als "sicher" garantieren.