Berlin (dpa) - Vorzeitige Veröffentlichungen aus einer Studie zur
Windenergie und deren Integration in das Stromnetz haben am Montag
Verwirrung ausgelöst. So wies die von der Bundesregierung beauftragte
Deutsche Energie-Agentur (dena) öffentliche Darstellungen zurück, der
starke Windkraft-Ausbau erhöhe das Risiko grossflächiger
Stromausfälle. "Dies ist das Horrorszenario von Seiten der grossen
Netzbetreiber", fügte der Bundesverband WindEnergie (BWE) hinzu, der
an der Projektsteuerung des Gutachtens beteiligt ist.
Das Bundesumweltministerium erklärte, die Integration der
Windenergie an Land und auf dem Meer in das Stromnetz lasse sich bis
2020 zu vernünftigen Kosten bewältigen. "Nach ersten Schätzungen
müsste ein Durchschnittshaushalt für diesen Netzausbau insgesamt
zwischen 0,7 und 1,1 Cent pro Jahr bezahlen." Sollten sich die
Informationen bestätigen, hält das Gutachten bis 2007 keinen
Netzneubau für nötig. Dazu stünden Überbrückungsmöglichkeiten bereits
zur Verfügung. Erst nach 2007 beginne ein stufenweiser Ausbau. Neue
Kohle- und
Gaskraftwerke sollten in der Studie berücksichtigt werden.
Nach Darstellung der "Berliner Zeitung" vom Montag führt der
rasante Zuwachs an Windenergie dazu, dass konventionelle
Ersatzkraftwerke ihre Leistungen zurückführten. Bei Windflaute oder
Abschaltungen von
Windanlagen könne dies zu erheblichen
Stromausfällen führen. Dies erfordere Milliarden-Investitionen. Schon
jetzt sei die Verfügbarkeit und Übertragung nötiger Reserveleistungen
nicht mehr gewährleistet.
dena-Hauptgeschäftsführer Stephan Kohler sagte der dpa: "Diese
Darstellung muss ich völlig ablehnen." Zunehmende Spitzen- und
Mittellasten bei geringerer Windleistung könnten sehr wohl durch
konventionelle Kraftwerke ausgeglichen werden. Auch sei es längst
Konsens, dass in solche hocheffizienten Kraftwerke auch aus Kohle
investiert werde. Klar sei dabei, dass mit dem politisch gewollten
Ausbau der Windenergie der Spitzen- und Mittellast-Ausgleich von
Leistungsschwankungen erhöht und die Grundlast verringert werde.
"Damit kann man flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren."
Ziel sei, den Anteil der Stromerzeugung durch
erneuerbare Energien
von jetzt 10 auf 20 Prozent im Zeitraum 2015 bis 2020 zu verdoppeln,
sagte Kohler. Dabei solle der Windkraft-Anteil von 4,5 auf etwa 10
Prozent ausgebaut werden. Aufgabe des Gutachtens sei, die Windenergie
in den Stromnetzverbund zu integrieren, mögliche Schwächen zu
beseitigen und vor allem die
Stromversorgung sicherzustellen.
Auftraggeber des von grossen Netzbetreibern wie E.ON, RWE und
Vattenfall mitverfassten Gutachtens sind fast 20 Unternehmen und
Institutionen. Die Moderation der verschiedenen Gruppen hat die dena
übernommen, die grundsätzlich Energieforschung im Auftrag der
Bundesregierung leistet. Laut Kohler liegt bisher nur ein vorläufiger
Bericht vor. Das Ergebnis werde erst am 17. Januar nach der letzten
Sitzung der Steuerungsgruppe vorliegen.
Auch der Bundesverband WindEnergie ist noch "nicht in allen
Punkten zufrieden", wie Geschäftsführer Ralf Bischof erklärte. "Bei
den Themen Kosten des Netzausbaus, erwarteter Regel-Energiebedarf und
Optimierung des bestehenden Netzes gibt es noch Nachholbedarf."