Selbstzerschlagung: Energieriesen schmieden Strategie zum Schutz der Netze
Stand: 06.03.2007
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München (AFP) - Die deutschen Energiekonzerne wollen einem Zeitungsbericht zufolge mit einer gemeinsamen grenzüberschreitenden Strategie ihre milliardenteuren Netze schützen und hohe Kartellstrafen abwenden. Die Konzerne wollten mit den intern geschmiedeten Plänen verhindern, von der EU-Kommission zerschlagen zu werden mit dem Ziel, Strom und Gas zu verbilligen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag. Mehrere Konzerne hätten der EU angeboten, die Leitungen für Strom und Gas mit Unternehmen aus Nachbarländern zu bündeln. Eine unabhängige Gesellschaft soll die Netze Deutschlands, Frankreichs und der Benelux-Staaten verwalten. "Wir behalten das Eigentum an den Leitungen, schaffen aber selbst Wettbewerb", zitierte das Blatt einen deutschen Energiemanager.
Für die Unternehmen hätte diese Lösung dem Bericht zufolge mehrere Vorteile. Sie könnten die Netze behalten, die ein Milliardenvermögen bedeuten. Wegen der Leitungen bescheinigen Ratingagenturen Energiekonzernen eine hohe Kreditwürdigkeit, was am Kapitalmarkt viel Geld wert ist. Ein Netzpool würde auch bedeuten, dass die nationalen Märkte zu einem regionalen Energiemarkt der fünf Staaten zusammenwachsen. Durch diese Neudefinition hoffen einige Manager, Kartellstrafen von EU-Wettbewerbskommissarin Nellie Kroes abzuwenden, die bei RWE, Eon und anderen mehrfach Razzien vornehmen ließ.
Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte, die Preise ließen sich nur senken, wenn die Konzerne die Netze verlören. Die Energiebranche setzt laut "Süddeutscher Zeitung" darauf, mit ihrem Angebot bei anderen Politikern wie Energiekommissar Andris Piebalgs Gehör zu finden. Energiemanager hätten Piebalgs den Vorschlag vor einigen Wochen unterbreitet, schreibt die Zeitung weiter. Deutschland und Frankreich lehnen die Zerschlagung der Konzerne ab.
Im "Handelsblatt" (Dienstagausgabe) bekräftigte EU- Kommissionspräsident José Manuel Barroso dagegen die Absicht Brüssels, die Konzerne zu zerschlagen. "Wenn die Unternehmen durch die Kopplung von Stromerzeugung und Netzbetrieb gegen europäisches Recht verstoßen, wird die Kommission einschreiten". Barroso unterstrich, dass die von der Kommission im Januar vorgeschlagene eigentumsrechtliche Trennung von Netzbetrieb und Produktion weiter die von ihm bevorzugte Lösung zur Stärkung des Wettbewerbs sei. "Wir brauchen ein klares Regelwerk", sagte er. Die Kommission hatte wegen vermuteten Missbrauchs der Marktmacht bereits Razzien gegen die Stromerzeuger E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall durchgeführt.