Obrigheim: Deutschlands ältestes AKW wird abgeschaltet
Stand: 10.05.2005
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Obrigheim (dpa) - Das älteste kommerziell betriebene deutsche Atomkraftwerk, das Kernkraftwerk in Obrigheim, wird an diesem Mittwoch nach 37 Jahren Laufzeit endgültig abgeschaltet. "Nach unseren Informationen ist dann Schluss", sagte ein Sprecher des Stuttgarter Umweltministeriums als Atomaufsichtsbehörde am Montag. Nähere Informationen sollen an diesem Dienstag veröffentlicht werden. Der Betreiber selbst, die Energie Baden-Württemberg (EnBW/Karlsruhe), machte zum konkreten Termin der Abschaltung auf Anfrage keine Angaben.
Das seit 1968 arbeitende Atomkraftwerk in Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) ist das erste, das im Zuge des Atomkonsenses abgeschaltet wird. Das Kernkraftwerk Stade wurde 2003 aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt. Insgesamt werden noch 18 Kernkraftwerke in Deutschland betrieben.
Der Meiler in Obrigheim soll nach früheren Angaben des Umweltministeriums in Stuttgart in drei Genehmigungsschritten stillgelegt und abgebaut werden. In der jetzt beginnenden zweijährigen Nachbetriebsphase werden die Brennelemente in das Reaktorzwischenlager überführt. Der Abriss soll 2007 beginnen und nach früheren Angaben voraussichtlich bis 2023 abgeschlossen sein. Dabei sollen rund 275.000 Tonnen Abbaumasse anfallen, 2500 Tonnen davon als radioaktiver Abfall.
Bis zum Ende der Nachbetriebsphase soll die Zahl der Stellen von heute 290 auf etwa 180 bis 160 absinken. Wer nicht aus Altersgründen aus dem Unternehmen ausscheidet, soll ein "adäquates Stellenangebot innerhalb der EnBW Kraftwerke AG" bekommen, hatte die EnBW Mitte April erklärt.
Das Werk in Obrigheim hatte in seiner Geschichte nach EnBW-Angaben rund 90 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Damit wurden etwa fünf Prozent des täglichen Strombedarfs von Baden-Württemberg kontinuierlich gedeckt.
Stichwort: Atomkraftwerk Obrigheim
Obrigheim (dpa) - Das Atomkraftwerk Obrigheim (Neckar- Odenwald-Kreis) ist seit 1968 in Betrieb. Das älteste kommerziell betriebene Atomkraftwerk in Deutschland gilt als Symbol im Streit um die Kernenergie. Der Reaktor beschäftigte mehrfach die Gerichte. Von März 1994 bis Januar 1996 versuchte ein Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags Licht in die verworrene Genehmigungsgeschichte zu bringen und Sicherheitsfragen zu klären.
Die Leistung des Druckwasserreaktors liegt bei 357 Megawatt. Betreiber ist der Karlsruher Stromkonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW). Er betreibt ausserdem die Atomkraftwerke Philippsburg I und II sowie Neckarwestheim I und II.
Fahrplan für den Atomausstieg
In Deutschland gibt es noch 18 Atomkraftwerke. Diese sollen in den nächsten 20 Jahren vom Netz gehen. Die Stilllegung des niedersächsischen Kernkraftwerks Stade im November 2003 war für Atomgegner der erste konkrete Schritt zum Ausstieg aus der Atomenergie - die Betreiber hatten dagegen auf wirtschaftliche Gründe verwiesen.
Nach Obrigheim soll voraussichtlich 2007 der Reaktorblock A des hessischen Kraftwerks Biblis folgen. Im Südwesten sollen die Reaktorblöcke Neckarwestheim I bis zum Jahr 2009, Philippsburg I bis 2013, Philippsburg II bis 2018 und Neckarwestheim II bis zum Jahr 2021 abgeschaltet werden.
Wie lange ein Atomkraftwerk noch Strom produzieren darf, hängt von seiner "Restlaufzeit" ab. Diese basiert auf der Regellaufzeit eines Atommeilers von 32 Jahren.
Der Ausstieg aus der Kernenergie beruht auf einem "Konsens" zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der Stromindustrie, der nach langwierigen Verhandlungen im Juni 2000 vereinbart wurde. Der Ausstieg ist seit 2002 im Atomgesetz festgeschrieben. Das schliesst den Bau neuer Reaktoren aus. Der anfallende Atommüll soll bis zum Bau eines Endlagers in Zwischenlagern bei den bestehenden Atomkraftwerken deponiert werden. Der Transport von abgebrannten Brennstäben zu den Wiederaufbereitungsanlagen ist nur noch bis Juli 2005 erlaubt.