Erfurt (dpa) - Wälder und Felder bieten mehr als Erholung und Lebensmittel - zunehmend werden sie als Energielieferanten entdeckt. Kraftwerke, die mit Holz, Mais oder Stroh betrieben werden, boomen. Im vergangenen Jahr waren mehr als 3500 solcher Anlagen ans Netz angeschlossen, 44 Prozent mehr als 2004. Die neuen Bundesländer stehen für Diplomforstingenieur Hilmar Dietze vom Biomasse-Verband an der Spitze dieser Entwicklung: "Forst und Felder sind hier in wenigen Händen und lassen sich besser vermarkten."
Da die Kraftwerke meist in Abhängigkeit der im Umland verfügbaren Rohstoffe geplant werden, entstünden in Ostdeutschland deutlich größere Einheiten als im übrigen Deutschland. Brandenburg nimmtaus diesem Grund laut einer Studie des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt (IE) bei der installierten elektrischen Leistung von Biomassekraftwerken den bundesweiten Spitzenplatz ein, obwohl deutlich weniger Anlagen betrieben werden als in Bayern oder Baden- Württemberg.
Eine davon hat der Vattenfall-Konzern im brandenburgischen Sellesen als Pilotanlage errichtet. Mit einer Leistung von 3,5 Megawatt (MW) thermischer und 2,5 MW elektrischer Leistung versorgt sie den nahe gelegenen Ort Haidemühl mit regenerativer
Energie. Der Holzbedarf wird fast ausschließlich aus der Region gedeckt. Zusätzlich sollen in den kommenden Jahren schnell wachsende Hölzer auf den umliegenden ehemaligen Tagebauflächen angebaut werden.
Die Verbrennung von Holz, Mais oder Getreide ist bislang die stärkste Säule der Energiegewinnung aus Biomasse, nicht zuletzt, weil sie größere Kraftwerke zulässt und damit auch für Konzerne interessant ist. Ursprünglich sollte das Konzept der Energieerzeugung aus Biomasse jedoch Bauern und Förstern zu Gute kommen, sagt Dietze. Sie sollten sich als Energiewirte ein zweites Standbein schaffen, gestützt von Zuschüssen über das
Erneuerbare-Energien-Gesetz und aus Brüsseler Agrartöpfen.
Ein gelungenes Beispiel bietet der sächsische Bauer Volkmar Krafczyk, der sein Landgut Westewitz inzwischen als Bioenergiezentrum bezeichnet. Dort sorgen täglich 17 Tonnen Mais und Gras aus eigenem Anbau und 50 Kubikmeter Gülle aus den Ställen für Gärgase in der zwei Millionen Euro teuren Anlage.
Damit produziert er täglich 12,5 Megawattstunden, die er in Form von Wärme und
Strom an ein Krankenhaus und ein Pflegeheim in der Nachbarschaft verkauft. Die Rechnung lohnt sich für beide Seiten. Die Kilowattstunde aus Biomasse sei billiger als Gas.
Eine eigenwillige Idee hat Norbert Wirsching im thüringischen Rieth mit Hilfe einer Biogasanlage umgesetzt, in der er jährlich etwa 12 000 Tonnen Gülle vergärt. Er verdient nicht nur am Stromverkauf, sondern hat auch mit technischer Unterstützung mehrerer Partner eine
Klimaanlage für seinen Schweinestall entwickelt. Nach ersten Untersuchungen zeigen die Tiere seitdem weniger Stress-Symptome und nehmen schneller zu.
Trotz dieser Erfolge ist Dietze nicht zufrieden. Erst zwei Prozent der Landwirte in Deutschland hätten die Chance der Energiegewinnung erkannt. Schuld daran seien schwer durchschaubare gesetzliche Regelungen. "Damit vergeht den Leuten die Lust, sich damit zu beschäftigen." Außerdem seien die Anlagenbauer zögerlich. "Sie sind an Aufträge großer Unternehmen gewöhnt und scheuen sich, mit Landwirten zusammen zu arbeiten." So fehle ein kostengünstiges Standardkraftwerk, das für einen durchschnittlichen Bauernhof geeignet sei.
Bei der Holzverbrennung hapert es für Dietze vor allem in den westlichen Bundesländern an der Logistik. Die Waldbesitzer könnten sich oft nicht auf ein Vermarktungskonzept einigen. Die Folge: Das Energie-Potenzial der Wälder und Felder bleibt noch weitgehend ungenutzt, bedauert auch Andreas Schütte, Geschäftsführer der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow (Mecklenburg- Vorpommern). Er setzt auf neuen Techniken, die seine Agentur im Bundesauftrag fördert.
Bei der Verbrennung von Getreide etwa müssen noch einige Probleme wie die hohe Staubentwicklung gelöst werden. Der Einsatz wird jedoch belohnt, ist Schütte überzeugt: "Auf Basis heimisch erzeugter Biomasse können in 25 Jahren theoretisch rund 17 Prozent des deutsc