EU-Kommission will Netze der Energiekonzerne abspalten
Stand: 10.01.2007
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Brüssel/Berlin (dpa) - Die EU-Kommission will eine preisgünstige und klimaschonende Energieversorgung für Europa erzwingen. Den mächtigen Energiekonzernen droht angesichts hoher Strom- und Gaspreise die Zerschlagung. Im Kampf gegen den Klimawandel sollen sich die 27 EU-Staaten auf eine globale Vorreiterrolle verpflichten. Bürger und Industrie sollen bis 2020 den Ausstoß gefährlicher Treibhausgase um ein Fünftel verringern. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso legte am Mittwoch in Brüssel ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, dass auch der Atomkraft eine gleichberechtigte Rolle neben Kohle, Gas und Öl zuschreibt.
Barrosos Vorschläge sind noch nicht endgültig. Die Rechtstexte sollen nach dem Frühjahrsgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs Anfang März in Brüssel folgen. Über diese konkreten Vorschläge müssen dann die verantwortlichen EU-Minister entscheiden. Auf dem Gipfel werden Energie- und Klimapolitik zentrale Themen sein.
"Ohne eine wirksame Trennung der Produktion vom Transport und der Verteilung werden wir den nötigen Wettbewerb nicht erreichen", sagte Barroso. "Die Kommission hat die klare Präferenz für die Option, den Besitz zu trennen. Es geht darum, dass der Markt zu Gunsten der Bürger funktioniert." Eine andere Variante sei, die Strom- und Gasnetze zwar im Besitz der Unternehmen zu lassen, sie aber von einem unabhängigen Betreiber führen zu lassen. Nachteil dieser Option seien eine aufwändige Überwachung und viel Bürokratie.
Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes machte klar, dass die Kommission mit allen Mitteln dafür sorgen werde, die verkrusteten Energiemärkte aufzubrechen. Sie werde bei der Prüfung von Fusionen in der Branche hart durchgreifen. Sollten missbräuchliche Marktstellungen nachgewiesen werden, werde sie auch eine Zerschlagung von Kartellsündern anordnen.
Angesichts alarmierender Studien über die Folgen des Klimawandels für Wirtschaft und Umwelt muss die EU nach dem Willen der Kommission eine globale Vorreiterrolle beim Kampf gegen die Erderwärmung übernehmen. Die EU soll sogar zur Senkung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid (CO2) um 30 Prozent bis 2020 bereit sein, falls andere große Industriestaaten sich ebenfalls dazu verpflichten. Umweltschützer kritisierten dies als unzureichend. Die angestrebten Senkungen der Treibhausgase beziehen sich stets auf den Stand 1990 in den heutigen 27 EU-Ländern.
"Europa muss die Welt in eine neue, nach-industrielle Revolution führen", sagte Barroso. "Es geht um eine kohlenstoffarme Wirtschaft." Die Reduzierung der Treibhausgase soll von einer Einsparung des Verbrauch fossiler Energien um 20 Prozent bis 2020 begleitet werden. Zugleich soll der Anteil erneuerbarer Energieträger an der Gesamterzeugung bis 2020 auf ein Fünftel steigen. Ziel soll es sein, den weltweiten Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad im Vergleich zur Zeit vor der Ende des 18. Jahrhunderts begonnenen industriellen Revolution zu begrenzen.
Im Streit um den Ausstieg oder "dem Ausstieg aus dem Ausstieg" aus der Atomenergie will die EU-Kommission keine Stellung beziehen. "Das ist eine Frage, die die öffentliche Meinung in einigen EU-Staaten sehr polarisiert", sagte Barroso. "Es ist Sache der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, ob sie die Atomenergie wollen oder nicht." Derzeit gibt es 152 Atomkraftwerke in den 27 EU-Staaten. In der EU werden derzeit 31 Prozent der Elektrizitätsproduktion und 28 Prozent der gesamten EU-Energieproduktion aus Atomkraft gedeckt. In der Mitteilung der EU-Kommission heißt es, wenn dieser Anteil durch die geplante Ausstiegs-Politik mehrerer EU-Länder in den kommenden Jahren deutlich verringert werde, so m&uum