Erstes hessisches Erdwärmekraftwerk soll am Rhein entstehen
Stand: 27.04.2005
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Riedstadt (dpa) - Das erste Erdwärmekraftwerk in Hessen soll am Rhein im südhessischen Riedstadt entstehen. Untersuchungen des Erdreichs haben ergeben, dass die Region für die umweltschonende Technik geeignet ist, wie Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Abeln (CDU) am Mittwoch bei einem Informationsbesuch sagte. Nach einer erfolgreichen Probebohrung im Herbst könnte die Anlage bereits Ende 2006 fertig gestellt werden. Geothermie-Kraftwerke nutzen 120 bis 150 Grad heisses Wasser aus rund 2000 Meter Tiefe für die Stromgewinnung.
Das geplante Kraftwerk soll mit einer Leistung von rund 3 Megawatt jährlich mehr als 24 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Dies deckt etwa den Bedarf von 8000 Haushalten. In einem konventionellen Gaskraftwerk entstünden bei dieser Produktion jährlich 13 Millionen Kilogramm CO2. Der umweltfreundliche Geothermie-Strom wird nach dem Gesetz für erneuerbare Energien mit 15 Cent pro Kilowattstunde vergütet.
Für die umfangreichen Tiefenuntersuchungen, die rund 500 000 Euro kosten, erwartet Kreuter Zuschüsse vom Bundesumweltministerium und der hessischen Landesregierung. Die Karlsruher Firma baut zurzeit ihr erstes Kraftwerk im pfälzischen Offenbach an der Queich, das Mitte kommenden Jahres in Betrieb gehen soll. Weitere Projekte im Rheingraben sind geplant.
Die hessischen Grünen haben die Landesregierung aufgefordert, das Projekt zu unterstützen. Ausserdem solle das Land gemeinsam mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein Konzept für die konsequente Nutzung der Geothermie im Oberrheingraben erarbeiten.
Hintergrund: Energiegewinnung aus Erdwärme
Erdwärme zählt mit Wind, Sonne und Biomasse zu den vier Ausgangspunkten für erneuerbare Energie-Technologien. Bislang wurde das warme Wasser aus der Erde vor allem für Fernwärme genutzt. Auf dieser Basis arbeiten in Deutschland rund 30 Anlagen. Mitte der 90er Jahre entstanden Versuchsanlagen zur Stromgewinnung, allen voran das europäische Projekt in Soultz-sous-Foréts im Elsass. Zurzeit fördert das Bundesumweltministerium ausserdem Kraftwerke in Gross Schönbeck (Brandenburg), Bad Urach (Schwäbische Alb), Neustadt-Glewe (Mecklenburg-Vorpommern), Unterhaching (Bayern) und Offenbach (Rheinland-Pfalz).
In Mitteleuropa nimmt die Temperatur der Erde pro 100 Meer Tiefe im Schnitt um etwa drei Grad Celsius zu. Das warme Wasser in geringer Tiefe kann für Heizzwecke verwendet werden. Erreicht das Wasser 120 Grad und mehr, lassen sich damit Wasserkraftturbinen für die Stromerzeugung betreiben. Je nach geologischer Formation wird diese Temperatur bereits in 2000 Meter Tiefe wie im Oberrheingraben oder erst in 5000 Meter Tiefe wie in Mittelgebirgen erreicht.
Vorreiter für die Nutzung der Geothermie ist Island mit seinen Geysiren. Dort wird kaum noch Öl und Gas für Heizzwecke verwendet. Nach Untersuchungen des Geoforschungsinstituts in Potsdam könnten 29 Prozent des deutschen Wärmebedarfs allein mit Thermalwasser aus dem Untergrund gedeckt werden. Der deutsche Strombedarf liesse sich nach einer Studie des Bundestagsbüros für Technikfolgeabschätzung mit geothermischen Verfahren theoretisch 600 Mal decken.