Saarbrücken (dpa/lrs) - Für Christof Schmidt ist es eine ganz
besondere Herausforderung. "Wir wollen einfach mal etwas neues
ausprobieren", sagt der Diplom-Ingenieur und lässt den Blick durch
den leeren Raum schweifen, der eines Tages Wohnzimmer im ersten "1-
Liter-Energiesparhaus" auf saarländischem Boden sein soll.
Knapp elf Monate nach dem ersten Spatenstich ist das Doppelhaus im
Saarbrücker Stadtteil Burbach bereits bewohnbar. Doch während in der
einen Hälfte des Hauses seit Anfang Oktober eine vierköpfige Familie
ein neues Zuhause gefunden hat, bleibt die andere Hälfte vorerst leer
- als Anschauungsobjekt für Fachleute und andere Interessierte.
"Wir wollen Erfahrungen sammeln", erklärt Schmidt, der als
Projektingenieur bei der Kommunalsysteme für
Energie, Umwelt und
Verkehr GmbH mit Sitz in Saarbrücken grossen Anteil an der
Realisierung des aussergewöhnlichen Vorhabens hatte. "Wir wollen
sehen, was an dem Haus gut, was weniger gut ist." Sollten sich die
Erwartungen der Initiatoren - die Stadtwerke Saarbrücken sowie die
Unternehmen Electrabel Deutschland und Energie SaarLorLux - erfüllen,
könnte sich "die Sache irgendwann verselbstständigen".
Das "1-Liter-Haus", dessen Entstehung vom Saar-Umweltministerium
und der Europäischen Union (EU) finanziell unterstützt wurde, soll
Massstäbe setzen. Ehrgeiziges Ziel: Die Kombination aus intensiver
Dämmung und Nutzung erneuerbarer Energien soll dafür sorgen, dass der
so genannte Restwärme-Bedarf im Jahr zwischen 1,0 und 1,5 Kubikmeter
Erdgas pro Quadratmeter Wohnfläche liegt, also bei rund einem Zehntel
des normalen Verbrauchs. Ein Erdgas-Brennwertgerät ist Kernstück der
Restwärme-Versorgung. Daher der Name des Hauses: Ein Kubikmeter
Erdgas entspricht etwa dem Heizwert eines Liters Heizöl.
Entworfen wurden die Doppelhaus-Hälften mit jeweils 105
beziehungsweise 135 Quadratmetern vom Freiburger Architekten Rolf
Disch, der bereits zahlreiche so genannte Passivhäuser geplant hat.
"Mit diesem Haus wollen wir noch ein Stück weiterkommen", erklärt
Schmidt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben sich die Planer
für das zweigeschossige Haus in Holzständerkonstruktion einiges
einfallen lassen. Auffällig ist dabei unter anderem die strikte Süd-
Ausrichtung des Gebäudes, ausserdem die grossflächige Südverglasung.
Die Nutzung der
Sonnenenergie wird mittels Solardach aus
Photovoltaik-Modulen und Warmwasser-Kollektoren erreicht. Die
Wärmeverluste werden durch hohe Dämmstärken in den Aussenwänden und im
Dach gering gehalten. Gleiches gilt für den Lüftungswärmeverlust, der
mit Hilfe einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung auf ein Minimum
beschränkt wird. Hinzu kommen innovative Technologien wie etwa die
Regenwassernutzung für Gartenbewässerung, Waschmaschine oder
Toilettenspülung sowie mehrere Gassteckdosen. "Alles, was mit Kochen
oder Backen zu tun hat, funktioniert mit Gastechnologie", erklärt der
Projektingenieur.
Das Herz des Hauses im Saarbrücker Westen aber schlägt unter der
Erde, in einem kleinen Kellerraum, voll gestopft mit modernster
Messtechnik. Mit deren Hilfe werden Experten in den kommenden drei
Jahren die Energieströme und das Temperaturverhalten im Gebäude
überwachen. Nur so, sagt Schmidt, könne sich zeigen, ob das "1-Liter-
Haus" das halten kann, was der Name verspricht