E.ON, RWE und ThyssenKrupp sammeln Millionen für Ewigkeitskosten
Stand: 14.05.2007
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Essen (dpa) - ThyssenKrupp, RWE und E.ON müssen in ihren Bilanzen Millionenbeträge für die Folgekosten längst geschlossener Kohlezechen zurückstellen. Sie sind als Eigentümer alter Zechen oder als Rechtsnachfolger ehemaliger Grubengesellschaften für die Folgekosten zuständig. Damit schleppen sie ähnlich wie die Deutsche Steinkohle AG (DSK) im RAG-Konzern Altlasten mit sich.
Wie viel für das Pumpen, wie viel für Bergbauschäden und sonstige Aufwendungen zu zahlen sein wird, darüber haben sich schon Gutachter, RAG-Verantwortliche und Politiker den Kopf zerbrochen. Einig sind sie sich noch nicht. Von 400 Millionen Euro jährlich ist die Rede. "Bis ewig kommt da einiges zusammen", formulierte es eine Ruhrgebiets- Zeitung.
Geht es bei der RAG um Milliarden, geht man bei den Energieversorgern E.ON und RWE und dem Stahlriesen ThyssenKrupp in den nächsten 20 Jahren zusammen von einer dreistelligen Millionensumme aus. In Rückstellungen müssen diese Summen als mögliche Kosten berücksichtigt werden. Zahlen wollen die Gesellschaften nicht nennen. Rückstellungen seien nicht gesondert ausgewiesen, heißt es bei ThyssenKrupp. "Wir haben noch ein paar Bergbaurisiken", sagt ein RWE-Sprecher. E.ON sagt gar nichts.
Während der rund 200 Jahre Bergbaugeschichte sind Teile des Ruhrgebiets um 15 bis 20 Meter abgesunken. Damit diese Gebiete sich nicht in Sumpf- oder Seenlandschaften verwandeln, müssen allein schon aus diesem Grund die Zechengruben ständig entwässert werden - und das für unabsehbar lange Zeit.
Zu den Kosten für das Abpumpen kommen noch die Schachtsicherungen und Sanierungen. Hin und wieder reißt auch das Erdreich in den Bergbauregionen auf. Tagesbrüche heißen diese plötzlich auftretenden Löcher. In der Vergangenheit sind darin schon Menschen, Kühe, Autos oder Garagen abgesackt.
Mensch und Tier konnten gerettet werden. Das "Bochumer Millionenloch" gab dagegen kurz nach dem Jahrtausendwechsel zwei Garagen und ein Auto nicht wieder her. Anwohner im Stadtteil Höntrop flüchteten aus ihren Häusern und wollten nicht mehr zurück. Ein nicht korrekt verfüllter Schacht vergangener Jahrzehnte hatte zu dem Unglück geführt. Den Rechtsnachfolger von Flöz Dickebank, die E.ON AG, hat die Regulierung der Schäden einen Millionenbetrag gekostet. Kleinere Tagesbrüche ereignen sich Dutzende Male im Jahr. Finden die Behörden keinen Verursacher, muss der Staat für die Kosten aufkommen.
Sieht man in die Bergbaukarten, gibt es genügend Raum für Spekulationen. 23 000 so genannter Tagesöffnungen - alte Stollen und Schächte - sind da in Nordrhein-Westfalen aufgeführt. Die Dunkelziffer schätzt die Bergbaubehörde der Bezirksregierung in Arnsberg auf 40 000. "Je jünger die Schächte, desto sicherer sind sie", sagt Andreas Nörthen von der Bezirksregierung. "Ab Mitte der siebziger Jahre ist alles gut verfüllt worden." Der Bergbau im Revier reicht aber mindestens 200 Jahre zurück.
Der Gefährdungsbereich im Umkreis nicht völlig gesicherter Schächte und Stollen, die bis ans Tageslicht reichen, umfasst zusammengenommen hunderte Quadratkilometer in NRW. Besonders konzentrieren sich die Flächen südlich der A 40 zwischen Mülheim und Unna. Das ist der Bereich des ehemaligen oberflächennahen Bergbaus.
Im Ruhrrevier von Kamp-Lintfort bis Hamm und von Haltern bis zum Essener Süden rechnet man 2000 von 5300 bekannten Schächten und Stollen der RAG zu, 2900 den übrigen Altgesellschaften. Bei 400 Anlagen ist ein Eigentümer nicht mehr auszumachen. Da ist im Zweifelsfall das Land als Kostenträger in der Verantwortung.