China steht Kyoto-Prozess positiv gegenüber - lehnt aber Grenzen ab
Stand: 18.11.2005
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Peking (dpa) - Im Kampf gegen globale Erwärmung steht China einer Verlängerung des Kyoto-Prozesses aufgeschlossen gegenüber. Der zweitgrößte Kohledioxidproduzent will aber keine Verpflichtungen zur Verringerung seiner Treibhausgase eingehen, aus Angst, es könnte die Wirtschaftsentwicklung bremsen. Da sich die Industriestaaten lange entwickeln konnten und die Atmosphäre mit ihren Treibhausgasen gefüllt haben, sieht China eine "historische Verantwortung" dieser Länder, beim Klimaschutz die Führung zu übernehmen. Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao forderte auch deswegen vor allem einen leichteren Transfer umweltfreundlicher Technologien in Entwicklungsländer.
Mindestens bis 2025 wird China als heute größter Kohleverbraucher die USA auch beim Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) überholt haben. Die Führung in Peking hat nach Angaben von Experten aber erkannt, dass die enormen Umweltschäden durch unsaubere Kohleverbrennung teuer zu stehen kommen und die Entwicklung bremsen. Erstmals gibt der neue Fünfjahresplan als Ziel eine Verringerung des Energieverbrauchs für jeden erwirtschafteten Yuan in fünf Jahren um 20 Prozent vor. Ein weiteres Ziel ist, den Energieverbrauch bis 2020 nur zu verdoppeln, wenn sich das Bruttoinlandsprodukt vervierfacht.
Als Entwicklungsland ist China noch von Verpflichtungen im Kyoto- Protokoll ausgenommen. Doch liegt auf der Hand, dass künftig neben Indien und Kyoto-Gegner USA auch das bevölkerungsreichste Land der Erde seinen Teil beitragen muss, wenn die Erderwärmung reduziert werden soll. Für den scheidenden Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ist eins klar: "China und Indien können nicht mit den USA auf eine Stufe gestellt werden." Pro Kopf liege China im Energieverbrauch "deutlich unter dem Weltdurchschnitt, die USA deutlich drüber". Hier müsse ein "verträglicher" Durchschnitt gefunden werden.
Ende November beginnen in Montréal die Verhandlungen über die nächste Kyoto-Phase nach 2012. Wie andere Entwicklungsländer hat China ein starkes Interesse an der Fortsetzung des Mechanismus für saubere Entwicklung (CDM). Unternehmen können sich hier mit der Finanzierung von Projekten für Energieeffizienz und Umweltschutz in anderen Ländern von Verpflichtungen für CO2-Emissionen in ihren Ländern freikaufen, denn wo die Emission verringert werden, ist dem Klima letztendlich egal. Mit dem Mechanismus fließen Technologie und Geld in Entwicklungsländer, so dass nicht nur Umweltminister Trittin von "einem der besten Instrumente" zum Klimaschutz spricht.
China steht hier noch am Anfang, da das Verfahren "kompliziert" und vielerorts unbekannt ist, wie Professor Zhuang berichtet. Wenn es aber einmal richtig angelaufen ist, könnte in China nach einer Weltbankstudie die Hälfte des weltweiten Handels abgewickelt werden. "Es ist ein sehr guter Mechanismus", sagt Zhuang. "Ersten erlaubt es reichen Ländern einen billigen Transfer, zweitens kann es Entwicklungsländern helfen, nachhaltige Entwicklung zu erreichen." Wenn es aber nach 2012 keine bindenden Grenzen mehr gibt, entfällt die Grundlage für den Emissionshandel. Wie das Instrument künftig erhalten bleiben kann, ist aus Sicht von Greenpeace-Experten Sawyer "der wichtigste Teil" der Verhandlungsrunde in Montréal.