Wie hoch sind die Kosten für einen Anwalt?
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Anwaltskosten lassen sich dank des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes oft gut einschätzen. Doch juristischen Laien fehlt im deutschen Gesetzesdschungel oft der Überblick: Wie viel kostet eine Erstberatung? Was erwartet mich bei einem Vergleich? Wie teuer wird es, wenn ich vor Gericht verliere? Diese Fragen beschäftigen jeden, der rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte. In diesem Artikel finden Sie alle Antworten rund um die Kosten für juristische Dienstleistungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wie viel ein Anwalt verlangen darf, regelt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz RVG).
- Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich vor dem Gang zum Anwalt eine Deckungszusage einholen.
- Die Höhe der Gebühren hängt auch davon ab, ob es sich um eine rechtliche Vertretung vor dem Zivilgericht, dem Verwaltungsgericht oder den Arbeitsgerichten handelt oder ob es sich um einen Strafprozess handelt.
- Eine Erstberatung darf in der Regel nicht mehr als 190 Euro plus Mehrwertsteuer kosten.
Anwaltskosten sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgelegt
Wie viel ein Anwalt für eine rechtliche Dienstleistung verlangen darf, regelt seit 2004 das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz RVG). Es ersetzt die frühere Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) und zielt auf mehr Kostentransparenz bei den Anwaltsgebühren ab. Juristische Laien haben es seitdem leichter, vorab die Kosten ihres beauftragten Rechtsbeistandes zu kalkulieren und nachzuvollziehen.
Für Anwälte wurden außerdem außergerichtliche Streitbeilegungen durch eine Gebührenanhebung lukrativer gemacht. Mandanten sowie die Gerichte wurden dadurch wiederum entlastet, da die Gerichtskosten für gerichtliche Verhandlungen – also die Alternative zu außergerichtlichen Streitbeilegungen – weitaus höher ausfallen. Zuletzt brachte die Reform auch eine Senkung der Anwaltskosten bei einvernehmlichen Scheidungen einher.
Individuelle Gebührenvereinbarung
Grundsätzlich können Anwälte mit ihren Mandanten individuelle Gebühren vereinbaren. Dann erfolgt die Rechnung nach einem festgelegten Stundensatz. Dieser sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden. Für zivilrechtliche Tätigkeiten schätzt der Bayerische Anwaltverband die Kosten auf 180 bis 300 Euro pro Stunde. Im Strafrecht können die Stundensätze sehr variieren.
Wichtig: Eine Erstberatung darf maximal 190 Euro plus Umsatzsteuer kosten. Eine Rechtsschutzversicherung kann diese Kosten übernehmen. Ob sie das wirklich tut, sollten Verbraucher zuvor mit ihrem Versicherer abklären oder das Kleingedruckte im Vertrag nachlesen. Vor dem Gang zum Anwalt eine Deckungszusage einzuholen ist aber immer ratsam.
Soll der Anwalt bei der Beratung ein schriftliches Gutachten anfertigen, wird auch der Erstberatungstermin teurer. In den meisten Fällen ist dies bei der Erstberatung jedoch nicht nötig. Sieht der Anwalt dies anders, muss er eine individuelle Vergütung vereinbaren.
Flexibilität bei den Anwaltskosten
Auch wenn Anwaltskosten grundsätzlich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgelegt sind, dürfen Anwälte theoretisch mehr Gebühren für ihre rechtliche Dienstleistung verlangen als im Gesetz steht. Das RVG gibt also nur den Mindestrahmen für die Anwaltskosten vor. Werden Privatpersonen außergerichtlich vertreten, darf der Rechtsbeistand aber auch weniger berechnen.
Bei einer Beratungshilfe verzichten viele Anwälte auf ihre Vergütung. In diesem Fall handelt es sich um Sozialleistungen, die mit einem Beratungshilfeschein vom Amtsgericht beantragt werden können. Inkasso-Dienstleistungen, die außergerichtlich stattfinden, sind ebenfalls oft kostenlos.
Wie viel kostet ein Anwalt?
Anwaltskosten setzen sich in der Regel aus folgenden Komponenten zusammen:
- Streitwert: Der Betrag, um den es im Rechtsstreit geht
- Gebühr: Der Betrag, der bei dem entsprechenden Streitwert anfällt. Bei einem Streitwert von 500 Euro fällt beispielsweise eine Gebühr von 51,50 Euro an.
- Gebührenfaktor: Der Betrag, den die Anwälte und Anwältinnen für ihre Dienstleistungen verlangen dürfen. Je nach Arbeitsaufwand dürfen sie halbe, ganze und zweifache Gebühren erheben.
- Postpauschale: Gebühren für Post- und Telefonkosten
- Mehrwertsteuer: 19 % auf die Gesamtsumme
Durchschnittlich verlangen Anwälte eine 1,3-fache Gebühr. Mehr dürfen sie nur berechnen, wenn ihre Dienstleistungen besonders umfangreich ausfielen und den Mehraufwand nachweislich begründen können.
In Gerichtsverfahren können zusätzlich Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühren anfallen, abhängig vom Prozessverlauf.
Beispiel: Anwaltskosten bei einer Eigenbedarfskündigung
Bei einer Eigenbedarfskündigung könnten Ihre Anwaltskosten wie folgt ausfallen:
- Monatliche Nettokaltmiete: 800 Euro
- Gegenstandwert (Jahresmiete): 9.600 Euro
- Gebühr: 847,60 Euro (652 Euro x 1,3)
- Postpauschale: 20 Euro
- Mehrwertsteuer von 19 %: 164,84 Euro
- Anwaltskosten gesamt: 1032,44 Euro
Anwaltskosten: Wie teuer ist ein Beratungsgespräch?
Bei einem Beratungsgespräch handelt es sich um eine außergerichtliche Auskunft. Hierfür sind die Anwaltskosten nach oben hin gedeckelt: Das erste Beratungsgespräch darf maximal 190 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer kosten. Inkludiert ist dann oft eine kurze Analyse Ihres Problems und eine Erörterung Ihrer rechtlichen Lage sowie über das weitere Vorgehen. Für alle weiteren Beratungsleistungen dürfen maximal 250 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer anfallen. Dazu gehören auch detailliertere Beratungen, die über die Leistungen der einfachen Erstberatung hinausgehen.
Für ein Gutachten zur Einschätzung Ihrer Rechtslage müssen Sie mit mindestens 250 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer rechnen. Einige Kanzleien werben mit kostenlosen Erstberatungen – auch dies ist möglich.
Anwaltskosten vor Gericht: Unterschiede je nach Gerichtszweig
Die Höhe der Anwaltskosten hängt vom Gerichtszweig und dem Verfahrensverlauf ab. Bei Verfahren vor Zivil- oder Verwaltungsgerichten fallen meist eine Verfahrensgebühr bei Klageeinreichung und eine Terminsgebühr bei mündlicher Verhandlung an. Wird im Prozess ein Vergleich geschlossen, kommt zusätzlich eine Vergleichsgebühr hinzu. Im Falle einer Niederlage trägt die unterlegene Partei auch die Anwaltskosten der Gegenseite.
Arbeitsgerichte bilden eine Ausnahme: In der ersten Instanz trägt jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens (§ 12a ArbGG). Bei Strafgerichten gelten wiederum eigene Kostenregelungen, die u.a. von der Verfahrensdauer und Komplexität des Falls abhängen.
Anwaltskosten mit einer Rechtsschutzversicherung
Mit einer Rechtsschutzversicherung klärt Ihr Anwalt direkt mit dem Versicherer, ob dieser die Anwaltskosten übernimmt. Zusätzlich ist es zu empfehlen, selbst Kontakt zum Versicherer aufzunehmen und sich eine Deckungszusage einzuholen. Dies sollte erfolgt sein, bevor Sie einen Anwalt beauftragen. So vermeiden Sie, dass Sie am Ende selbst für die Kosten aufkommen müssen, falls Ihr Rechtsbeistand versäumt hat, mit der Versicherung zu sprechen.