Zuverlässig und unabhängig: Strom und Wärme aus der Erde
Stand: 17.08.2006
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Neubrandenburg (dpa) - Erdwärme ist eine der elegantesten Methoden, Energie für Strom und Heizung zu gewinnen. In Norddeutschland hat die Natur etlichen Regionen heißes Wasser im Untergrund beschert. Auch das Voralpengebiet und der Oberrheingraben verfügen in der Tiefe über poröse Gesteinsschichten, in denen gut temperiertes Wasser vorkommt. Die Energiegewinnung ist unabhängig von Wind, Sonne oder Wasserstand möglich und kommt ohne die Landschaft entstellende Bauten aus. In den drei Regionen gibt es derzeit großes Interesse an einer stärkeren Nutzung der natürlichen Energiequelle.
Die zweite Heizzentrale entstand in den 1980er Jahren in Neubrandenburg, wo das nur 53 Grad warme Wasser durch Abwärme aus dem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk der Stadt zusätzlich erhitzt wird. In Neustadt-Glewe in Südwestmecklenburg stießen die DDR-Geologen bei ihren Erkundungsbohrungen auf der Suche nach Erdöl und -gas auf Thermalwasser von 97 bis 98 Grad Celsius in 2250 Meter Tiefe. Doch erst nach der Wiedervereinigung, 1995, ging dort das Heizwerk in Betrieb und versorgt nun mehr als 1100 Haushalte und Gewerbekunden.
2003 folgte am selben Standort das erste deutsche Erdwärme- Kraftwerk für die Stromerzeugung. Eigentümer ist die Erdwärme-Kraft GbR, zu 75 Prozent Tochter des Energiekonzerns Vattenfall Europe. Die Anlage produziert nur Strom, wenn keine Wärme gebraucht wird, erläutert Geschäftsführer Thomas Funke. Je nach Außentemperatur werde das Kraftwerk im Frühjahr in Betrieb genommen und im Herbst abgeschaltet. In diesem Jahr seien bislang 200 Megawattstunden produziert worden. "Das Werk ist eine Versuchsanlage", sagt Funke. Mit 98 Grad sei es das weltweit "kälteste" Erdwärme-Kraftwerk. "Ohne die Wärmeversorgung wäre die Stromerzeugung hier nicht rentabel."
Die Wirtschaftlichkeit beginne erst bei etwa 150 Grad heißem Tiefenwasser. Mit dieser Temperatur wird im brandenburgischen Groß Schönebeck nordöstlich von Berlin Thermalwasser gefördert. Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) wollen nachweisen, dass sich die Ressourcen in mehr als vier Kilometern Tiefe für die Nutzung in Kraftwerken eignen. Das Projekt wird mit rund zehn Millionen Euro vom Bundesumweltministerium sowie vom Land Brandenburg gefördert. Verläuft das Experiment erfolgreich, soll laut Projektleiter Ernst Huenges später zusammen mit einem Investor eine Anlage zur Stromerzeugung errichtet werden.
Bei der Nutzung der so genannten Tiefengeothermie ab 400 Meter hat Deutschland gerade "die ersten Trippelschritte getan", sagt derGeschäftsführer der Geothermischen Vereinigung, Werner Bußmann. 28 größere Anlagen würden derzeit in den drei geothermischen Regionen arbeiten. Die meisten Heizwerke gebe es in Bayern, so in Unterschleißheim, München, Erding und Unterhaching. Dort kommt jetzt auch die Stromerzeugung hinzu. Für Bohrung und Bauoberleitung ist die Geothermie Neubrandenburg GmbH zuständig.
Die Stromerzeugung lohnt nach Angaben von Bußmann erst, seitdem 2004 das Erneuerbare Energien Gesetz in Kraft trat. Es sieht eine Einspeisevergütung von 15 Cent je Kilowattstunde vor. Am Oberrhein und in Bayern gebe es derzeit rund 140 Anträge auf die Erlaubnis, nach geeigneten Standorten für geothermische Kraftwerke zu suchen. In Deutschland sei das technische Potenzial vorhanden, einmal 25 Prozent des Energiebedarfs aus der Geothermie zu decken, sagt Bußmann.
Stichwort: Geothermie
Geothermie ist die unterhalb der Erdoberfläche gespeicherte Wärmeenergie (Erdwärme). In Mitteleuropa nimmt die Temperatur um etwa 30 Grad Celsius pro Kilometer Tiefe zu, in vulkanischen Gebieten sind es bis zu 100 Grad. Bei der Entstehung der Erde durch die Zusammenballung freier Materie vor rund 4,5 Milliarden Jahren wurden gewa