Verbraucherzentralen: Liberalisierung von Bahn, Wasser & Strom nicht um jeden Preis
Stand: 18.11.2003
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Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat davor gewarnt, bei einer Liberalisierung der öffentlichen Verkehrsmittel und der Wasserversorgung die Fehler der Strommarktöffnung zu wiederholen. "Es darf nicht sein, dass bei den nächsten Liberalisierungsrunden die Verbraucher wieder die Zeche bezahlen“, sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. "Wenn Liberalisierung für die Verbraucher bedeutet: weniger Qualität bei höheren Preisen, dann können wir die Veranstaltung gleich vergessen." Die Interessen der Verbraucher müssten bei öffentlichen Versorgungsleistungen in den Mittelpunkt gestellt werden, so Edda Müller bei der vzbv-Konferenz zu "Verbraucherschutz in netzgebundenen Märkten" in Berlin. Beim Börsengang der Deutschen Bahn müsse der Schienennetz in staatlicher Regie bleiben, forderte der vzbv. Beim Wasser sprechen aus Sicht des vzbv Gesundheits- und Umweltschutz gegen eine Marktöffnung.
Gerade bei der Privatisierung der Wasserversorgung und des öffentlichen Nahverkehrs bestehe die Gefahr, dass sich die Kommunen von grossen Investoren über den Tisch ziehen lassen. "Wenn nicht einmal das Bundesverkehrministerium mit 1500 Mitarbeitern bei der LKW-Maut in der Lage ist, einen vernünftigen Vertrag mit Grosskonzernen auszuhandeln, wie soll dann eine verschuldete Kommune verhindern, dass sie über den Tisch gezogen wird?", so Edda Müller. "Wir dürfen die Kommunen bei Privatisierungen nicht mit den Investoren allein lassen."
Skeptisch beurteilte vzbv-Vorstand Edda Müller die Überlegungen der EU-Kommission, eine Rahmenrichtlinie für Leistungen von "allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ zu schaffen. Damit sind öffentliche Dienstleistungen der sogenannten Daseinsfürsorge gemeint, wie Wasser, Strom, Post oder öffentliche Verkehrsmittel. "Ein europäischer Konsens zum richtigen Verhältnis von Wettbewerb und staatlicher Regulierung ist weit entfernt. Eine EU-weite Regelung kann daher genau zum Gegenteil dessen führen, was beabsichtigt ist. Am Ende werden die nationalstaatlichen Regelungen im Bereich der Daseinsvorsorge gegenüber der europäischen Wettbewerbsideologie noch stärkerem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sein." Edda Müller forderte die Kommission auf, die bestehenden nationalen Spielräume nicht weiter einzuschränken.
Für die einzelnen Märkte fordert der vzbv folgende Schritte für eine verbrauchergerechte Regulierung:
Im Strom- und Gasmarkt ist ein funktionierender Wettbewerb auf eine starke Regulierungsbehörde angewiesen. Die Kontrolle der grossen Stromkonzerne über das Versorgungsnetz hat einen funktionierenden Wettbewerb im Bereich der privaten Verbraucher bisher verhindert. Die Regulierungsbehörde muss allen Anbietern und Händlern einen diskriminierungsfreien Marktzutritt sicherstellen. Hierzu muss sie die Kalkulationsmethode und die Höhe der Netznutzungsentgelte vorab festlegen. Die Regulierungsbehörde muss verhindern, dass die Haushalts- und kleinen Gewerbekunden durch überhöhte Tarife weiter die Industriekunden subventionieren. Im Interesse der Versorgungssicherheit muss die Regulierungsbehörde ausserdem gewährleisten, dass die Energieversorger weiterhin langfristig in Netzausbau, Netzunterhalt und Kraftwerkskapazitäten investieren.
Im Eisenbahnverkehr geht es um sichere, zuverlässige und leistungsfähige Angebote – nicht zuletzt auch in der Fläche. Betrieb und Unterhalt des Schienennetzes sind nach einem Börsengang der Deutschen Bahn AG als staatliche Aufgaben zu leisten, vergleichbar mit den Bundesautobahnen. Das Schienennetz darf nicht Teil eines börsennotierten Unternehmens werden. Der Staat muss seiner Verantwortung für ein intaktes und flächendeckendes Schienennetz ebenso gerecht werden wie für das Strassennetz.
In der Trinkwasserversorgung stehen die Ziele des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und des Umweltschutzes einer Liberalisierung entgegen. Die Verantwortung für die Trinkwasserversorgung muss auch in Zukunft bei den Kommunen liegen; die geschlossenen kommunalen Versorgungsgebiete sollen dem Wettbewerb nic