Flensburg (dpa) - Trotz der klirrenden Kälte in diesen Tagen müssen sich die meisten Flensburger keine Gedanken über eine warme Wohnung machen: 98 Prozent der Haushalte sind an das Fernwärmenetz angeschlossen - das ist die höchste Quote in Deutschland. Die Stadtwerke Flensburg wollten als kleinerer Energieversorger preiswert und profitabel Strom und Wärme liefern, sagt Geschäftsführer Matthias Wolfskeil: "Wir sind so erfolgreich, weil wir nicht an einem großen Versorger hängen, sondern selbstständig geblieben sind". Daher befürwortet er die vom Bundeskartellamt geforderte Neuordnung des Energiemarktes, die zu möglichst vielen kleinen Unternehmen führen soll.
Die Flensburger sind neben einem kleinen ostdeutschen Anbieter der günstigste deutsche Fernwärmelieferant. Sie unterbieten den durchschnittlichen deutschen Fernwärmepreis nach eigenen Angaben um 36 Prozent. Ebenso gelten sie beim
Strom - einem Produkt der Wärmeerzeugung - als relativ preiswert. Mittlerweile setzen die Stadtwerke zwei Drittel des Flensburger Strombedarfs auch außerhalb der Stadt ab.
Den Erfolg ihres Unternehmens spürt auch die Stadt Flensburg als Eigentümerin. Für 2005 soll ihr wieder ein Gewinn von rund vier Millionen Euro überwiesen werden. Immerhin sind für 2006 Investitionen in Höhe von gut 48 Millionen Euro geplant. Unabhängigkeit und eine effiziente Technik sind ebenso Teil des Erfolgsrezepts wie die Entscheidung für den Einsatz von Kohle. Anders als Öl und
Gas hat sich dieser Energieträger längst nicht im gleichen Maße verteuert.
Noch vor rund 40 Jahren sah es für das damalige Flensburger Kraftwerk gar nicht gut aus. Eine Stilllegung schien zeitweise unvermeidlich. Dann kam 1969 die Entscheidung für eine Strom- und Fernwärmeerzeugung in "
Kraft-Wärme-Kopplung". Diese Technologie ermöglicht einen bis zu 85-prozentigen Wirkungsgrad der eingesetzten Kohle. Allerdings galt Flensburg unter Fachleuten wegen der Förde als ungeeignet für einen umfassenden Fernwärmeausbau.
"Erst heute wissen wir, dass diese Entscheidung nach skandinavischem Vorbild klug war", sagt Wolfskeil. Das Fernwärmenetz für die 87 000 Einwohner zählende Stadt und die Randbereiche ist mittlerweile 570 Kilometer lang. "Dass alle Gewerbebetriebe der Stadt dabei sind, ist weltweit einmalig", erläutert Wolfskeil.
Die Stadtwerke Flensburg, einst "Fernwärme-Mekka" für die in- und ausländische Fachwelt, werden vorerst ohne Konkurrenz bleiben. Geplant ist, ihre Anlage umzurüsten, damit bis zu 25 Prozent Sekundärbrennstoffe eingesetzt werden können. Dabei handelt es sich um aufbereiteten Müll, der zu 80 Prozent aus Naturstoffen wie Holz, Papier und Pappe besteht. Der Markt für diese Stoffe ist nach Angaben der Stadtwerke groß, da es nicht genügend Anlagen zu deren Verbrennung gibt. Gesammelt und aufbereitet werden die Stoffe von Tochtergesellschaften.
Mit dieser Entscheidung will das Unternehmen die Abhängigkeit von Kohle, die meist aus Russland und Polen bezogen wird, verringern. Jedes Jahr verfeuern die Flensburger 240 000 Tonnen dieses fossilen Brennstoffes. Bei den zur Zeit eisigen Temperaturen von bis zu minus zehn Grad ist das Kraftwerk nach Angaben des Unternehmens ohne die dezentralen Reserveheizwerke zu 90 Prozent ausgelastet. Für die Zukunft ist sich Wolfskeil sicher: "Wir müssen über alternative Energieformen nachdenken und im Umgang mit anderen Primärenergieträgern Erfolge sammeln".