Berlin (ots) - Das Spiel der fundamentalen Marktkräfte treibt derzeit die Preise auf den europäischen Gas- und Strommärkten nach oben. In einigen Ländern wie Frankreich und Grossbritannien, wo sich die Märkte demnächst vollständig öffnen werden, wird diese Entwicklung gebremst. So das Ergebnis der Herbstausgabe des European Markets Deregulation Observatory (EEMDO) - einer europäischen Deregulierungsstudie von Capgemini. Insbesondere der Ausgleich von Angebot und Nachfrage übt mittlerweile in einer Reihe von Märkten einen starken Einfluss auf die Preisbildung aus. "Während anfänglich die Deregulierung überhaupt erst Preiswettbewerb mit der Folge sinkender Preise entstehen liess, wird der Preis nun immer mehr durch Angebot und Nachfrage beeinflusst", so Bernd Wöllner Vice President Energy & Utilities bei Capgemini in Zentraleuropa.
Die zunehmende Wettbewerbsintensität auf den europäischen Strom- und Gasmärkten wird durch Auktionen mit
Strom aus virtuellen Kraftwerken, "Gas-Release-Programme" und anhaltende Unternehmensübernahmen forciert. Gerade durch den Kauf von Wettbewerbern sichern sich die etablierten Versorgungsunternehmen den Zugriff auf physische Kapazitäten, erweitern ihre Verteilungsgebiete und können ihren Kunden kombinierte Strom/Gas-Angebote machen.
Insgesamt konnte 2004 in zwei Bereichen ein deutlicher Fortschritt in der Deregulierung beobachtet werden: Zum einen in der vollständigen Öffnung der Geschäftskundenmärkte zum 1. Juli, zum anderen in der Entflechtung der Netzgesellschaften (
Unbundling). Trotz dieser Fortschritte bleibt die Versorgungssicherheit ein grosses Anliegen für Energieunternehmen und Regulierungsbehörden. So wurde in die Infrastruktur investiert und beispielsweise neue Kernreaktoren in Finnland und Frankreich gebaut. In Grossbritannien investierte man in Gasinfrastrukturprojekte.
"Die realen Kapazitätsüberhänge in der Erzeugung bleiben in einigen Ländern sehr gering. Unter anderem ist dies bei den neuen EU-Mitgliedern der Fall, aber zu Spitzenzeiten auch in Deutschland und Frankreich. Etliche Anstrengungen wurden unternommen, in Europa die grenzübergreifenden Kapazitäten zu erweitern bzw. die Bedeutung der
Strombörsen zu stärken", so Wöllner. "Das Volumen der länderübergreifenden Handelsaktivitäten ist aber immer noch zu bescheiden, als dass die Gefahr von Black-outs in den kommenden Jahren gebannt wäre."
Erneuerbare Energie auf dem Vormarsch
Der Report zeigt ebenfalls, dass das Volumen der
regenerativen Energien seit dem letzten EEMDO-Bericht deutlich gestiegen ist. Dies gilt vor allem für die Windenergie und insbesondere in Spanien und Dänemark. Die Zunahme in anderen Ländern fiel moderater aus, aber die Zahl der gestellten Bauanträge wird auf absehbare Zeit zu weiterem Wachstum auch in anderen Ländern führen, z.B. in Grossbritannien. Auch in Deutschland stieg das Windkraftvolumen von 2002 auf 2003 deutlich an. Mit weitem Abstand sind hier die europaweit grössten Kapazitäten installiert. Doch aktuell begrenzt die Diskussion um die
Offshore-Windkraftanlagen den weiteren Anstieg.
Die "sauberen" Energien werden durch die Einführung des Kohlendioxid (CO2)-Emissionshandels zum 1. Januar 2005 einen deutlichen Schub erhalten. Er wird einen grösseren Einfluss auf die Versorgungsbranche haben als der derzeit bereits bestehende Handel mit Green Certificates in Grossbritannien. Obwohl inzwischen die nationalen Allokationspläne aufgestellt wurden, ist zu Beginn kein starker Einfluss auf die betroffenen Betriebe zu erwarten. Die Handelsvolumina dürften Anfangs sehr gering ausfallen, dann aber mit der Ausweitung der Pläne sowie dem Rückgang der erlaubten Emissionsmengen ansteigen.
Handelsvolumen an den Strombörsen noch zu gering
Der europaweite Handel wandelt sich trotz fehlender grösserer Aktivitäten im Jahr 2004. Mehrere Initiativen beschäftigen sich damit, neue Übergangsverbindungen (Interkonnektoren) zu errichten bzw. die Kapazität der bestehenden zu erhöhen. Dies wird die grenzüberschreitenden Stromlieferungen steigern. Davon können auch die Strombörsen profitieren. Deren Zahl ist schnell gestiegen, so dass inzwischen an elf offiziellen Börsenplätzen gehandelt wird. Insgesamt mangelt es dem Grosshandelssektor jedoch immer noch an frei handelbaren Strommengen. Vorausgesetzt man hätte mehr Volumen, könnte man wirklich von einem europäischen