Unbundling
Der Begriff Unbundling (zu Deutsch: Entflechtung) beschreibt die gesetzliche Forderung nach einer Trennung von Netz und Vertrieb bei Energieversorgungsunternehmen. Ziel ist ein neutraler Netzbetrieb – wie es auch im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vorgeschrieben ist. Das EnWG sieht Maßnahmen zur buchhalterischen, informationellen, organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Entflechtung vor.
- Hintergrund: Gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer
- Informatorisches Unbundling
- Buchhalterisches Unbundling
- Organisatorisches Unbundling
- Legal Unbundling
- Über 90 Prozent der Netzbetreiber sind vom Unbindling ausgenommen
Das Wichtigste in Kürze
- Energieversorger die gleichzeitig Netzbetreiber sind, können ihre Energie theoretisch günstiger oder sogar kostenfrei durchzuleiten. Für konkurrierende Unternehmen würden sich Wettbewerbsnachteile ergeben
- Deswegen wird buchhalterischen, informationellen, organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Unbundling vorgesehen
- Über 90 Prozent der Netzbetreiber sind vom Unbundling ausgenommen
Hintergrund: Gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer
Ist ein Energieversorger gleichzeitig Netzbetreiber, besteht für ihn die theoretische Möglichkeit, seine Energie günstiger oder sogar kostenfrei durchzuleiten. Für konkurrierende Unternehmen würden sich daraus jedoch Wettbewerbsnachteile ergeben. Das können beispielsweise Informationsvorsprünge über freie Kapazitäten oder über Kundenwechsel sein. An dieser Stelle greifen die Entflechtungsvorschriften. Sie haben das Ziel, Diskriminierungen, Quersubventionierungen und andere Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und somit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer herzustellen.
Entflechtungsvorschriften zielen insbesondere auf vertikal integrierte Unternehmen mit einer Monopolstellung. Das sind Unternehmen, die sowohl ein Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetz betreiben als auch auf einer anderen energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufe tätig sind – etwa im Vertrieb, im Handel oder in der Erzeugung.
Informatorisches Unbundling
Das informatorische Unbundling fordert die Trennung sensibler Daten wie beispielsweise Kundendaten. Das bedeutet, dass Vertrieb und Netz ausschließlich Informationen über Kunden erhalten dürfen, die von diesen Bereichen beliefert werden. Kundendaten aus dem Netzbereich dürfen nicht an den Vertrieb weitergeleitet werden. Der Netzbetreiber muss also Maßnahmen ergreifen, die den Informationsfluss sowie die Vermischung der Datenbestände zwischen Netz und Vertrieb verhindern. Erreicht werden kann dies mit sogenannten Chinese Walls.
Buchhalterisches Unbundling
Das buchhalterische Unbundling beschreibt die Trennung der Rechnungslegung. Energieversorger müssen demnach getrennte Konten, Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen für die Erzeugung, Übertragung und den Vertrieb erstellen. Alle Bereiche müssen so behandelt werden, als handele es sich um komplett eigenständige Unternehmen. Durch das buchhalterische Unbundling sollen Quersubventionierungen verhindert und Transparenz geschaffen werden. Folglich müssen sämtliche Kosten des Netzbereichs verursachungsgerecht zugeordnet werden können.
Organisatorisches Unbundling
Das organisatorsche Unbundling sieht eine Trennung der Organisationsstruktur des Managements vor. Ziel ist es, die Eigenständigkeit der Netzgesellschaft zu gewährleisten. Dazu gehört im Besonderen die Trennung im Personalbereich, die auf Leitungsebene vollzogen werden muss. Zu entflechten sind die Aufgabenbereiche, Befugnisse, Verantwortlichkeiten und formalen Zuständigkeiten von Führungspersonen.
Legal Unbundling
Beim Legal Unbundling handelt es sich um ein sogenanntes Rechtsform-Unbundling, das die Entflechtung von Netz und Vertrieb bezüglich der Rechtsform vorsieht. Netz und Vertrieb müssen folglich ein jeweils eigenständiges Rechtssubjekt bilden.
Über 90 Prozent der Netzbetreiber sind vom Unbindling ausgenommen
Während auf Übertragungsnetzebene ein neutraler Netzbetrieb reibungslos funktioniert, herrschen auf der Ebene regionaler und lokaler Netze noch immer Verflechtungen. Grund sind die in Deutschland bestehenden Ausnahmeregelungen, die für Verteilnetzbetreiber mit weniger als 100.000 angeschlossenen Kunden entschärfte Vorschriften vorsehen.
Diese Regelung war zunächst eingeführt worden, um kleine Netzbetreiber vor den Mühlen der Bürokratie zu schützen. Da jedoch hierzulande circa 90 Prozent der Strom- und 95 Prozent der Gasverteilnetzbetreiber unter diese sogenannte De-minimis-Regelung fallen, ist ein Großteil der Netzbetreiber von den gesetzlichen Regelungen zur rechtlichen und operationellen Trennung von Netz und Vertrieb ausgenommen.
Netzbetreiber, die unter die De-minimis-Grenze fallen, müssen ihren verbundenen Vertrieb rechtlich nicht vom Netzbetrieb trennen. Die für sie zuständige Behörde ist nicht die Bundesnetzagentur, sondern eine Landesregulierungsbehörde. Damit werden die Unbundling-Vorschriften teilweise ad absurdum geführt.
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