Pfinztal (dpa/lsw) - Die Lebensdauer von Windkraftanlagen wird nach Angaben des Fraunhofer-Experten Karl-Friedrich Ziegahn meist überschätzt. Auf die Windenergie-Investoren kämen in den kommenden Jahren daher unvorhergesehene Kosten zu, sagte Ziegahn in einem dpa- Gespräch am Rande der Jahrestagung der Gesellschaft für Umweltsimulation (GUS) in Pfinztal (Kreis Karlsruhe). "Die Lebensdauer von Windanlagen wird auf 20 bis 25 Jahre geschätzt, ohne dass dies ausreichend getestet wurde." Die vorliegenden Ergebnisse zeigten, dass der Erhaltungsaufwand für besonders belastete Teile wie Blätter, Getriebe oder Lager weit höher sei als bisher angenommen.
"Es besteht dringender Handlungsbedarf bei der Entwicklung von Lebensdauerprognosen, denn gerade
Windanlagen sind den Umwelteinflüssen besonders ausgesetzt", sagte der Tagungsleiter. Die Kombination von Umwelteinflüssen wie Klima, Luftgeschwindigkeit, Sonnenstrahlen, Blitzschlag oder Eis stelle ein Belastungsprofil dar, dass nur selten in dieser Häufung auftrete. Dennoch würden die Kosten für Wartung und Reparatur weiterhin schöngerechnet. Das deutsche Windenergie-Institut in Wilhelmshaven habe zudem ermittelt, dass beinahe 60 Prozent des Anlagenpreises zur Erhaltung re-investiert werden müssen.
Windenergieanlagen erlebten in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom. In Deutschland betrage die derzeitige Wachstumsrate rund 40 Prozent, sagte Ziegahn. Nicht nur die Anzahl, sondern auch die Grösse der Anlagen nehme zu. Grössere Rotoren machten die Anlagen jedoch anfälliger. Darin sieht das GUS-Präsidiumsmitglied eine der Herausforderungen für die Umweltsimulation. Auch die kleineren Einbauteile der komplexen Anlagen müssten endlich gründlich getestet werden, forderte er: "Wir müssten umfangreich testen, tun es aber noch nicht in genügendem Masse."
Rund 180 Experten diskutieren seit Dienstag im Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie in Pfinztal über neue Testverfahren. Die Tagung der Gesellschaft für Umweltsimulation endet am Freitag.