Hamburg (dpa) - Nach Berichten über angebliche Manipulationen der großen deutschen Energiekonzerne an der Leipziger Strombörse EEX haben Politiker und Verbraucherschützer mehr Transparenz bei der Preisgestaltung verlangt. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) forderte am Montag eine grundlegende Reform des Stromrechts und eine schärfere Kontrolle der Preisbildung an der Strombörse. Der Bund der Energieverbraucher warf den Stromkonzernen in der "Bild"-Zeitung (Montag) Preistreiberei vor.
Laut "Spiegel" zeigen anonym verschickte, streng geheime Handelsdaten der
EEX, dass die großen Energiekonzerne die Preise an der Strombörse hochtreiben können. Das Nachrichtenamagazin hatte von geheimen Handelsdaten der Strombörse berichtet, die beweisen sollen, dass zum Beispiel der Stromproduzent RWE im vergangenen Jahr fast 28 Prozent des Stroms an der
Leipziger
Börse aufgekauft haben soll. Der anonyme Informant vermutete, dass RWE so den Preis in die Höhe getrieben hat, um dann noch größere Mengen Strom zu dem höheren Preis über den Telefonhandel zu verkaufen. RWE wies die Vorwürfe zurück. "REW manipuliert nicht und treibt keine
Strompreise hoch", sagte ein Sprecher der Stromhandelstochter RWE Trading in Essen. Im
vergangenen Jahr habe etwa der heiße Sommer dazu geführt, dass einige Kraftwerke nicht volle Leistung bringen konnten. Hinzu kam der Ausfall des Kernkraftwerkes Biblis, so dass
RWE vermehrt Strom nachkaufen musste.
Ein Sprecher des Karlsruher Konzerns EnBW sagte, "wir sind bekanntermaßen Zukäufer an der Energiebörse". Ein Drittel des abgesetzten Stroms müsse der Karlsruher Konzern zukaufen. "Wir haben selbst Interesse an günstigem
Strom, da wir Käufer sind."
Die EEX wollte sich am Montag zunächst nicht äußern und verwies auf eine für Dienstag anberaumte Pressekonferenz in Frankfurt. EEX-Chef Hans-Bernd Menzel hatte wiederholt einen Marktmissbrauch bestritten und auf die große Anzahl internationaler Handelsteilnehmer verwiesen. An der EEX handeln aktuell 161 Teilnehmer aus 19 Ländern.
Die angeblichen milliardenschweren Preismanipulationen an der Strombörse sind inzwischen auch ein Fall für
die europäischen Wettbewerbshüter. Eine Sprecherin des Bundeskartellamtes sagte, die neuen Vorwürfe der Preistreiberei zu Lasten der Verbraucher würden in die bereits laufende Untersuchung einbezogen. Schon im Dezember hatten
Ermittler der EU-Kommission und des Bundeskartellamtes bei einer Razzia die Büros der vier größten deutschen Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW durchsucht. Brüssel vermutet, dass die Konzerne ihre Preise absprechen und die Kunden daher zu viel bezahlen.
Der Präsident des Bundes der Energieverbraucher Aribert Peters bezeichnete die Preispolitik der Konzerne "als Freibeuterei zu Lasten der Verbraucher." Privathaushalte und Industrieunternehmen zahlten auf Grund überteuerter Handelspreise an der Börse für jede Kilowattstunde Strom drei Cent zu viel. Ein Musterhaushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch und einer Stromrechnung von 700 Euro im Jahr zahle damit 105 Euro jährlich zu viel.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) arbeitet derzeit an einer Verschärfung des Kartellrechts, damit das Bundeskartellamt die Preise der Stromkonzerne genauer unter die Lupe nehmen kann, sagte eine Sprecherin.
Aus Sicht des Dresdner Energiewirtschaftlers Christian von Hirschhausen ist die Anbieter-Abnehmer-Struktur eine der Hauptursachen für überhöhte Strompreise. "Es sind oft die selben Unternehmen, die als Erzeuger und Abnehmer die Energie erst auf den Markt bringen, um sie dann als lokaler Versorger selbst wieder zu kaufen", sagte er der dpa. "Da liegt der Verdacht von Absprachen nahe." Einer Studie der TU Dresden zufolge waren die Energiepreise in den Jahren 2005 und 2006 etwa 20 bis 30 Prozent zu hoch.
Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) forderte, die Stromsteuer zu halbieren. "Das allein würde die privaten Stromrechnungen pro Haushalt um rund sechs Prozent oder 35 Euro im Jahr senken". Das könnte mit der Versteigerung der CO2- Verschmutzungszertifikate gegenfinanziert werden. Mecklenburg- Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) verlangte, mehr unabhängige Stromproduzenten müssten einen di