Radioaktive Funde in Hanau: Streit um mögliche Gefahren
Stand: 10.06.2002
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Hanau (ts/ dpa/lhe) - In der Diskussion um rätselhafte Bodenfunde in der Umgebung der ehemaligen Nuklearbetriebe in Hanau gibt es weiter Streit über mögliche Gefahren. Der Wissenschaftler Heinz-Werner Gabriel bekräftigte bei einer Diskussion der atomkritischen Ärzte-Organisation IPPNW am Samstagabend in Hanau, bei den in einem Wald- und Wohngebiet gefundenen Kügelchen handele es sich um radioaktives Material. Dieses enthalte Kernbrennstoff. Der Leiter der Atomaufsicht im hessischen Umweltministerium, Helge Schier, sagte dagegen, an dieser These sei nichts dran. Die Bevölkerung sei nicht gefährdet.
Die Organisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) nahm am Samstag neue Proben aus dem Wald- und Wohngebiet, das aus ihrer Sicht belastet ist. Sie hätten dabei Kügelchen gefunden, die den bereits untersuchten Proben ähnlich sähen. Ob diese Funde radioaktiv sind, konnte jedoch nicht gesagt werden. Die Bodenproben wurden während der Veranstaltung unter einem Mikroskop gezeigt.
Der Wiesbadener Atom-Experte Schier sagte, bei Untersuchungen habe es keine Hinweise auf eine unnatürlich hohe Radioaktivität gegeben. Es handle sich nicht um Kernbrennstoff. Möglicherweise könnte es Schlacke aus dem Hochofen eines Kohlekraftwerks sein, meinte Schier. Der Hanauer Oberstaatsanwalt Jost-Dietrich Ort sprach bisher von "Merkwürdigkeiten" bei den Bodenproben aus dem Wald- und Wohngebiet. Ergebnisse eines Gutachtens dazu sollen Ende Juni vorliegen.
Der Bundesverband der Christlichen Demokraten gegen Atomkraft (CDAK) äusserte nach der Diskussion Zweifel, dass die hessische Atomaufsicht den Gesundheitsschutz der Bevölkerung im Blickfeld habe. Der CDAK-Bundesvorsitzende Detlef Chrzonsz warf deren Leiter Schier am Sonntag "taktische Spielereien auf dem Rücken der Bevölkerung und der Öffentlichkeit" vor. Der umweltpolitische Sprecher der CDU- Landtagsfraktion, Walter Arnold, sagte dagegen, "zweifelhafte Wissenschaftler" versuchten erneut, mit widerlegten Vermutungen Schlagzeilen zu machen. Dies sei ein "schäbiges Spiel mit den Ängsten der Bevölkerung".
Die Ermittlungen der Hanauer Staatsanwaltschaft hatte der Diplom-Ingenieur Gabriel aus Weinheim ins Rollen gebracht. Er ist Mitglied einer wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft in Giessen, die Bodenproben mit den Kügelchen aus Hanau-Wolfgang untersucht hatte. Aus ihrer Sicht handelt es sich um gefährlichen Kernbrennstoff, der aus einem Unfall in einem ehemaligen Nuklearbetrieb stammen könnte. Es sei keineswegs nur Wurmkot, betonte Gabriel.