Telekom kontert VATM-Kritik an geplanter Entgelt-Erhöhung für VDSL-Netz
Stand: 27.01.2022
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Ab dem Sommer sollen die Wettbewerber der Deutschen Telekom mehr zahlen für den Zugang zu dem kupferbasierten VDSL-Netz des Bonner Konzerns. Der Branchenverband VATM, in dem viele Wettbewerber organisiert sind, schießt scharf gegen die Telekom und kritisiert überhöhte Kosten. Gegenüber Verivox weist die Telekom die Vorwürfe zurück.
Telekom will ab Juli über 15 Prozent mehr für TAL-Zugang
Die Deutsche Telekom hat bei der Bundesnetzagentur eine Erhöhung der Entgelte für den Zugang der Wettbewerber zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), der sogenannten "letzten Meile", beantragt. Das ist die Strecke von dem Kabelverzweiger (KVz), dem grauen Kasten am Straßenrand, bis in die Wohnungen der Kunden. Ab Juli 2022 fordert die Telekom dafür die Genehmigung eines monatlichen Entgelts von 8,25 Euro. Derzeit beträgt das Entgelt seit 2019 7,05 Euro pro Monat. Der Branchenverband VATM kritisiert die Preiserhöhung von mehr als 15 Prozent und wirft dem Bonner Konzern vor: "Die Telekom zockt".
VATM: Höhere Entgelte bremsen Glasfaserausbau der Wettbewerber aus
Die Forderung nach noch mehr Geld für das alte, laut VATM bereits abgeschriebene Kupfernetz der Telekom bremse den Glasfaserausbau aus. Anbieter wie Vodafone, 1&1 und Telefónica seien bis zum Ausbau von Glasfasernetzen auf die Nutzung der Breitband-Vorleistungen der Telekom angewiesen. Das behördliche Preissetzungsmodell erlaube der Telekom laut VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner die Erwirtschaftung "extremer Überrenditen".
Wettbewerber-Verband beklagt zu hohe Kosten
Vor allem würden überhöhte Kosten in Rechnung gestellt. "Wieder werden Kosten geltend gemacht, die seit Langem gar nicht mehr anfallen", so Grützner. Die Kosten würden wegen des Regulierungsansatzes fiktiver Wiederbeschaffungswerte rund 50 bis 75 Prozent über den tatsächlichen Kosten allein bei den VDSL-Leistungen liegen. Dies habe Folgen für den Wettbewerb.
Laut eines vom VATM in Auftrag gegebenen Gutachten von Prof. Dr. Peter Winzer von der Hochschule RheinMain zahlen die Wettbewerber im Zeitraum von 2011 bis 2025 Entgelte an die Telekom, die 8,2 Milliarden Euro über den tatsächlichen Kosten liegen würden. Die Wettbewerber würden bis 2025 dadurch quasi zu rund 57 Prozent den FTTH/B-Ausbau der Telekom mitfinanzieren.
Telekom weist VATM-Vorwürfe zurück: Netze längst nicht abgeschrieben
Was sagt die Telekom zu der Kritik des VATM? Auf Anfrage von Verivox erklärte ein Unternehmenssprecher: "Die Klagen des VATM waren erwartbar und wiederholen sich seit Jahrzehnten. Vor allem Unternehmen, die der VATM repräsentiert und die alle nicht selbst in größerem Umfang in Glasfaser investieren, beschweren sich immer am lautesten."
Der größte deutsche DSL-Anbieter erklärt weiter: "Tatsache ist, dass der Glasfaserausbau in Deutschland mehr Anreize benötigt. Auch die Monopolkommission sieht in stabilen TAL-Entgelten ein wichtiges Instrument, den Glasfaserausbau zu fördern und zu beschleunigen. Die Netze sind längst nicht abgeschrieben, die Tiefbaupreise und andere wichtige Kostenparameter steigen. Der Kostenmaßstab ist auch im neuen TKG so festgelegt, dass unser Kostenantrag völlig im Rahmen bleibt. Im übrigen ist es am Ende die Bundesnetzagentur, die – wie in der Vergangenheit – die TAL-Entgelte festlegen wird. Hier können VATM-Unternehmen Stellung nehmen".
Noch Nachholbedarf beim Glasfaserausbau
Die Telekom hatte 2021 nach eigenen Angaben 1,2 Millionen neue FTTH-Anschlüsse realisiert. 2022 sollen zwei Millionen weitere schnelle Glasfaseranschlüsse hinzukommen. Laut der Marktstudie 2021 des VATM waren im vergangenen Jahr geschätzt 7,5 Millionen FTTH/B-Anschlüsse in Deutschland verfügbar. Davon entfielen rund 3,2 Millionen auf die Telekom sowie 4,3 Millionen auf die Wettbewerber.
Eine aktuelle Analyse von Verivox zeigt, dass Deutschland bei der aktiven Glasfasernutzung im Vergleich von 15 europäischen Ländern im vergangenen Jahr nur Platz zwölf erreichte. Auch die Bundesnetzagentur sieht beim Glasfaserausbau hierzulande noch Nachholbedarf.