Zugverspätung und Zugausfall: Ihre Rechte als Passagier
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Zugverspätungen und Ausfälle sind ärgerlich. Doch als Passagier sind Sie nicht schutzlos: Sie haben Anspruch auf Entschädigung, deren Höhe von der Dauer der Verspätung abhängt. Dieser Ratgeber informiert Sie über Ihre Rechte und zeigt, wie Sie diese geltend machen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Ab einer Verspätung von 60 Minuten können Sie eine Entschädigung beantragen.
- Wer am späten Abend unterwegs strandet und nicht mehr weiterreisen kann, darf auf Kosten der Bahn in einem Hotel übernachten.
- Inhaber von Monats- oder Jahreskarten erhalten pauschale Entschädigungen pro Verspätung.
- Anträge auf Entschädigung bei Zugausfall oder Verspätung können digital über bahn.de oder den DB Navigator oder mit dem Fahrgastrechte-Formular eingereicht werden.
Zugverspätung und Zugausfall: Wann habe ich Recht auf Entschädigung?
Wer mit dem Zug reist, kommt nicht immer pünktlich am Ziel an. Immer wieder haben die Deutsche Bahn und andere Eisenbahnunternehmen in Deutschland Probleme mit Zugverspätungen und Zugausfällen. Vor allem dann, wenn Zugreisende auf längeren Fahrten Umsteigezüge wegen Verspätung oder Ausfall verpassen, kann sich die Ankunft am Ziel gehörig verzögern. Immerhin: Bei längeren Verspätungen muss die Bahn die betroffenen Passagiere entschädigen.
Gestaffeltes Entschädigungsmodell
Grundsätzlich gilt in Deutschland für Zugreisende ein zeitlich gestaffeltes Entschädigungsmodell:
- Bei Verspätungen über 60 Minuten: 25 % des Fahrpreises für die Gesamtstrecke
- Bei Verspätungen über 120 Minuten: 50 % des Fahrpreises für die Gesamtstrecke
Wenn Zugreisende auf der Strecke mehrere Züge benutzen, ist für die Rückerstattung die Verspätung bei der Ankunft am letzten Ziel maßgeblich.
Was gilt bei Reiseabbruch?
Bei einer absehbaren Verspätung von mehr als 60 Minuten erhalten Zugreisende den kompletten Fahrpreis zurück, wenn sie vor der Abfahrt oder unterwegs ihre Fahrt abbrechen. Beim Abbruch unterwegs haben Passagiere darüber hinaus Anspruch auf Erstattung der Rückfahrtkosten zum Startbahnhof.
Welche Verspätungsgründe gelten?
Der Anspruch auf Erstattung gilt unabhängig vom Grund der Verspätung. Zulässige Verspätungsgründe sind nicht nur vermeidbare Ursachen wie beispielsweise Pannen oder Signalstörungen. Auch höhere Gewalt, etwa in Form von Streik oder Unwetter, führt zu einem Erstattungsanspruch der Zugpassagiere, wenn die Verspätung mehr als eine Stunde beträgt.
Seit einer EU-weiten Regelung, die 2023 in Kraft trat, gelten unabwendbare Ereignisse wie extreme Witterungsbedingungen oder Suizidhandlungen am Gleis nicht mehr als Grund für eine Entschädigung.
Zusatzkosten bei Zugverspätung: Was erstattet die Bahn?
Zugverspätungen können mehr als nur eine verspätete Ankunft bedeuten. Wenn Reisende Anschlüsse verpassen und keine weiteren Züge mehr fahren, können unerwartete Kosten für Übernachtungen oder Taxifahrten entstehen.
Übernachtungskosten
Zunächst einmal muss das Bahnunternehmen bei Verspätungen für Ersatzverkehr sorgen, damit die Passagiere ihr Ziel noch am gleichen Tag erreichen. Wer aufgrund einer Verspätung abends am Bahnhof festsitzt und nicht mehr weiterkommt, darf auf Kosten der Bahn ein Hotel nehmen. Voraussetzung: Die Verspätung beträgt mindestens eine Stunde und die betroffene Person hat am gleichen Tag keine Möglichkeit mehr weiterzureisen.
Taxikosten
Kosten für ein Taxi bis zu einem Höchstbetrag von 80 Euro erstattet die Bahn nur, wenn eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
- Die Verspätung beträgt mindestens eine Stunde und die geplante Ankunft ist zwischen 0 und 5 Uhr nachts oder
- der letzte planmäßige Zug des Tages fällt aus und der Reisende kann sein Ziel bis 24 Uhr nicht erreichen.
Umstieg auf Fernverkehr
Wer mit einem Nahverkehrszug unterwegs ist, darf ohne Aufpreis in einen Fernverkehrszug umsteigen, wenn er das Ziel ansonsten mit mindestens 20 Minuten Verspätung erreichen würde. Betroffene müssen beim Umstieg ein gültiges Fernverkehrsticket lösen und bekommen dieses dann nachträglich erstattet.
Diese Regel gilt jedoch nur, wenn die ursprüngliche Strecke höchstens 50 Kilometer lang ist oder maximal eine Stunde dauert. Bei stark ermäßigten Fahrkarten – beispielsweise Länder-Gruppentickets – gibt es keine Erstattung des Fernzugtickets.
Entschädigungen für Inhaber von Monats- und Jahreskarten
Für Besitzer von Monats- oder Jahreskarten gelten besondere Entschädigungsregeln, da kein konkreter Fahrtpreis als Berechnungsgrundlage existiert. Bei Verspätungen ab 60 Minuten greifen folgende Pauschalen:
Ticketart
|
2. Klasse
|
1. Klasse
|
---|---|---|
Nahverkehr | 1,50 € | 2,25 € |
Fernverkehr | 5,00 € | 7,50 € |
BahnCard 100 | 10,00 € | 15,00 € |
Wichtige Hinweise:
- Die maximale Entschädigung beträgt 25 % des Kartenwertes.
- Beträge unter 4 Euro werden nicht ausgezahlt.
Vorgehen bei Zugverspätung und Zugausfall
Wenn Sie von einer Zugverspätung von mehr als 60 Minuten oder einem Zugausfall betroffen sind, sollten Sie einige Regeln beachten, damit die Erstattung reibungslos verläuft:
- Lassen Sie sich von Mitarbeitenden direkt vor Ort die Verspätung bzw. den Ausfall schriftlich bestätigen.
- Machen Sie gegebenenfalls als zusätzlichen Nachweis ein Foto von der Anzeigetafel, auf der die Zugnummer und die voraussichtliche Dauer der Verspätung erkennbar ist.
- Verwenden Sie für die Beantragung der Erstattung das Fahrgastrechte-Formular. Dieses erhalten Sie im Service-Center oder als PDF-Download auf der Internetseite der Deutschen Bahn.
- Handelt es sich um einen anderen Zugbetreiber, finden Sie das Fahrgastrechte-Formular auf der Internetseite des jeweiligen Unternehmens.
- Wenn Sie Ihr Ticket bei der Deutschen Bahn online gebucht haben, können Sie die Rückerstattung im DB-Navigator beantragen. Rufen Sie hierzu das Ticket auf, wählen Sie den Menüpunkt „Entschädigung beantragen“ und folgen Sie den weiteren Anweisungen.
- Alternativ können Sie die Erstattung auch direkt über die Website bahn.de in Auftrag geben. Dort finden Sie im Bereich „Fahrgastrechte“ die Möglichkeit, Ihre Entschädigung online zu beantragen, auch ohne den DB-Navigator zu nutzen.
Abgelehnter Erstattungsantrag: Nächste Schritte
1
Wenden Sie sich zunächst schriftlich an das Bahnunternehmen. Setzen Sie eine angemessene Frist für die Antwort (etwa 4 Wochen).
2
Bei unbefriedigender Antwort können Sie die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) kontaktieren.
3
Bleibt die Schlichtung erfolglos, können Sie rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. Lassen Sie sich von einem Anwalt beraten, um Ihre Erfolgsaussichten einzuschätzen.
Rechtsschutz zur finanziellen Absicherung
Eine Rechtsschutzversicherung kann in solchen Fällen hilfreich sein. Sie übernimmt die Kosten für anwaltliche Beratung und mögliche Gerichtsverfahren, sodass Sie Ihre Rechte ohne finanzielles Risiko durchsetzen können.