Arbeiten trotz Krankschreibung: Was ist erlaubt?
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Auch wenn eine Krankschreibung vorliegt, dürfen Arbeitnehmer grundsätzlich wieder arbeiten, sobald sie sich gesundheitlich dazu in der Lage fühlen. Die Bescheinigung ist kein Arbeitsverbot, sondern eine ärztliche Einschätzung. Wichtig ist, den Arbeitgeber vorab zu informieren, damit dieser seine Fürsorgepflicht wahrnehmen und mögliche haftungsrechtliche Risiken einschätzen kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Krankschreibung stellt kein Tätigkeitsverbot dar. Wer sich wieder fit fühlt, darf grundsätzlich wieder arbeiten.
- Die Rückkehr zur Arbeit sollte mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden, auch wegen Fürsorgepflicht und Versicherungsschutz.
- Arbeitgeber dürfen niemanden zur Arbeit zwingen, der krankgeschrieben ist. Das wäre ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht.
- Bei Streit rund um Krankschreibung oder Kündigung kann eine Rechtsschutzversicherung helfen.
Darf ich trotz Krankschreibung arbeiten?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich.
Eine Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) ist kein Tätigkeitsverbot. Sie dokumentiert lediglich eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit. Wenn Sie sich während der Krankschreibungszeit wieder fit fühlen, dürfen Sie Ihre Tätigkeit grundsätzlich wieder aufnehmen.
Es dürfen keine gesundheitlichen Risiken bestehen. Zudem sollte der Arbeitgeber davon wissen und prüfen, ob Sie Ihre Aufgaben wieder uneingeschränkt erfüllen können. Denn Fragen rund um Haftung, Arbeitsrecht und Versicherungen spielen beim Arbeiten trotz Krankschreibung durchaus eine Rolle.
Was bedeutet eine Krankschreibung?
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist in erster Linie nur eine ärztliche Feststellung, die bestätigt, dass eine Person aktuell krank und somit nicht arbeitsfähig ist. Zudem gibt sie eine Prognose, wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich dauern wird.
Darüber hinaus hat sie keinen rechtlichen Charakter in Bezug auf die Ausübung der Tätigkeit. Sie stellt also kein verbindliches Arbeitsverbot dar.
Ob und wann die Arbeit wieder aufgenommen wird, hängt vom individuellen Gesundheitszustand ab.
Sonderfall: Beschäftigungsverbot bei Schwangerschaft
Für Schwangere gilt laut Mutterschutzgesetz (MuSchG) ein gesetzliches Beschäftigungsverbot in den acht Wochen nach der Entbindung (§ 3 MuSchG). Es kann ärztlich verlängert werden und ist nicht mit einer Krankschreibung gleichzusetzen.
Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer?
Wenn Sie krank sind, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber am ersten Krankheitstag mitteilen, dass Sie nicht zur Arbeit erscheinen. Spätestens ab dem dritten Kalendertag ist in der Regel eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erforderlich. Es sei denn, der Arbeitgeber verlangt sie früher. Diese Möglichkeit ist gesetzlich geregelt und wird oft im Arbeitsvertrag konkretisiert.
Seit 2023 gibt es die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Ihre Arztpraxis übermittelt diese automatisch an Ihre Krankenkasse. Ihr Arbeitgeber ruft die eAU dort elektronisch ab. Es ist also nicht mehr nötig, dass Sie den „gelben Schein“ ins Personalbüro senden.
Trotzdem gilt weiterhin: Sie müssen Ihrem Arbeitgeber am ersten Krankheitstag direkt und unverzüglich melden, dass Sie krank sind.
Arbeiten trotz AU: Arbeitgeber informieren
Wer während einer laufenden Krankschreibung zur Arbeit zurückkehren möchte, sollte diese Entscheidung dem Arbeitgeber mitteilen. Dieser trägt eine Fürsorgepflicht und muss prüfen, ob die Tätigkeit ohne Risiko aufgenommen werden kann. Auch versicherungsrechtliche Fragen (etwa der Unfallversicherungsschutz) spielen in diesem Fall eine Rolle.
Muss ich mich „gesundschreiben“ lassen?
Eine gesetzliche Pflicht zur „Gesundschreibung“ gibt es nicht. Bei Unsicherheit oder wenn es um körperlich belastende Tätigkeiten geht, kann eine ärztliche Rücksprache dennoch sinnvoll sein.
Rechtliche Regelungen zur Krankmeldung
Die gesetzliche Grundlage für die Pflichten des Arbeitnehmers im Krankheitsfall ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Erfolgt die Krankmeldung oder AU nicht fristgerecht, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung kürzen oder verweigern (§ 7 EFZG).
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber?
Auch wenn eine Krankschreibung kein generelles Tätigkeitsverbot darstellt, dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden nicht zur Arbeit drängen. Sie sind gesetzlich zur Fürsorge verpflichtet. Das bedeutet: Sie müssen darauf achten, dass die Gesundheit ihrer Beschäftigten bei der Arbeitsaufnahme nicht gefährdet wird.
Krankschreibung: Kann der Arbeitgeber zur Arbeit verpflichten?
Ein Arbeitgeber darf Mitarbeiter nicht verpflichten, trotz Krankschreibung zu arbeiten. Wer krankgeschrieben ist, gilt nach Einschätzung des Arztes als arbeitsunfähig.
Ein Zwang zur Arbeitsaufnahme wäre ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht und kann zu Schadensersatzansprüchen führen.
Wann muss der Arbeitgeber ein Tätigkeitsverbot aussprechen?
Wenn ein Arbeitnehmer trotz AU zur Arbeit erscheint, ist der Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob die Tätigkeit ohne Gesundheitsrisiken ausgeübt werden kann. Besteht die Gefahr einer Überforderung oder Verschlechterung, muss der Arbeitgeber ein Tätigkeitsverbot aussprechen, womöglich auch gegen den Willen der betroffenen Person.
Sonderfall: Ansteckende Krankheiten
Liegt der Grund für die Krankschreibung in einer infektiösen Erkrankung, kann der Arbeitgeber darauf bestehen, dass Mitarbeitende nicht vorzeitig zurückkehren, um Kollegen und Kolleginnen nicht durch Ansteckung zu gefährden. In solchen Fällen kann auch aus Gründen des Infektionsschutzes ein Tätigkeitsverbot sinnvoll oder notwendig sein.
Welcher Versicherungsschutz besteht bei Arbeiten trotz Krankschreibung?
Wer trotz AU zur Arbeit geht, ist in der Regel durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Diese greift unter anderem bei Unfällen auf dem Arbeitsweg oder am Arbeitsplatz, vorausgesetzt die Tätigkeit war gesundheitlich vertretbar.
Kommt es dennoch zu einem Arbeitsunfall, prüfen die Unfallversicherungsträger (etwa die Berufsgenossenschaft), ob die Erkrankung den Unfall mitverursacht haben könnte, zum Beispiel durch eingeschränkte Reaktionsfähigkeit. In solchen Fällen kann der Versicherungsschutz ganz oder teilweise entfallen.
Kann der Arbeitgeber mithaften?
Ja, wenn der Arbeitgeber trotz erkennbarer gesundheitlicher Einschränkungen keine Prüfung vornimmt und die Arbeitsaufnahme zulässt, kann er haftbar gemacht werden. Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht kann zu einer Mitverantwortung führen, vor allem, wenn der Vorgesetzte die Risiken hätte erkennen und handeln müssen.
Wer haftet bei Schäden – Arbeitnehmer oder Arbeitgeber?
Auch wenn Sie als Arbeitnehmer während einer Krankschreibung arbeiten, gelten bei Schäden die gleichen Haftungsregeln wie bei gesunden Beschäftigten. Entscheidend ist, ob Sie fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben.
Haftung des Arbeitnehmers
Beschädigen Sie beispielsweise versehentlich einen Firmenlaptop, greift das Prinzip der Arbeitnehmerhaftung. Bei leichter Fahrlässigkeit sind Sie in der Regel nicht haftbar. Bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Verhalten kann der Schaden anteilig oder vollständig auf Sie übertragen werden.
Allerdings gilt in diesem Fall grundsätzlich die Einzelfallprüfung.
Haftung des Arbeitgebers
Kommt es zu einem Unfall, stellt sich oft die Frage: Hätte der Arbeitgeber die Arbeitsaufnahme unterbinden müssen?
Ein Beispiel: Ein Taxifahrer mit Gipsarm kehrt zur Arbeit zurück und verursacht einen Unfall. Hätte der Arbeitgeber den Gesundheitszustand erkannt und ihn trotzdem fahren lassen, trägt er Mitverantwortung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht.
Rechtsschutzversicherung: sinnvoll bei Streitfällen rund um die Krankschreibung?
Ein Arbeitsrechtsschutz kann helfen, wenn es bei Krankschreibung, Lohnfortzahlung oder Kündigung zum Streit mit dem Arbeitgeber kommt. Die Versicherung übernimmt häufig die Anwaltsgebühren, Gerichtskosten oder unterstützt eine außergerichtliche Einigung bei Konflikten rund um das Arbeitsrecht.
Arbeitsrechtsschutz ist ein Baustein der privaten Rechtsschutzversicherung. Wer bereits versichert ist, kann prüfen, ob dieser enthalten ist oder ergänzt werden kann.
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