Fahrbericht Lexus LC Cabrio: Mächtig Muskeln unterm Maßhemd
Stand: 14.10.2020
Bildquelle: ©Lexus / Text: SP-X
Seit drei Jahren offeriert Lexus mit dem LC ein edles und teures Sportcoupé. Erst jetzt bringen die Japaner auch die Cabriolet-Variante, kombiniert ausschließlich mit der stärksten Motorisierung. Aber es ist nicht die Leistung, die uns nach der ersten Ausfahrt am stärksten in Erinnerung bleibt.
Schönheit ist teuer
464 Pferdchen unter der Haube, 530 Newtonmeter Drehmoment, in 4,7 Sekunden auf Tempo, 270 km/h Höchstgeschwindigkeit: Das alles klingt nach einem veritablen Sportwagen. Doch die jetzt erstmals vorgestellte Cabriolet-Version des Luxus-Sportwagens LC von Lexus ist weit davon entfernt, einen Anabolika-Auftritt hinzulegen. Vielmehr wartet auf den Käufer, der vorher mindestens 115.000 Euro investiert hat, ein hinreißend schöner 2+2-Sitzer, der seine Muskeln nicht im kurzärmeligen T-Shirt herzeigt, sondern dezent unter einem perfekt sitzenden Maßhemd versteckt.
Denn der äußere Auftritt des 4,77 Meter langen Zweitürers überzeugt. Klassische Sportcoupé-Proportionen mit langer Motorhaube und flacher, leicht nach hinten ansteigender Linie lassen das Cabriolet potent wirken, geben ihm aber gleichzeitig auch eine gewisse Leichtigkeit. Und das gilt nicht nur im offenen Zustand, auch geschlossen sieht dieser Lexus hinreißend aus, fast noch schöner als das im Zuge der Neueinführung des Cabrios gleichzeitig überarbeitete Coupé.
Innenraum ist gewöhnungsbedürftig
Entspanntes Cruisen
Das ist allerdings spätestens dann vergessen, wenn man den Startknopf drückt und der V8 zum Leben erwacht. Passend zum bis dahin gewonnen Eindruck geschieht dies zwar vernehmlich, aber eben auch hier nicht prollig. Das ganze Fahrzeug lädt dementsprechend auch nicht zum Ausreizen der erwähnten Spurtfähigkeit oder möglichen Vmax ein, sondern zum entspannten Cruisen mit dem guten Gefühl, bei Bedarf jedes landwirtschaftliche Fahrzeug auf der Bundesstraße schnell und damit sicher überholen zu können.
Natürlich kann der LC auch anders. Wenn man das Gaspedal durchtritt, geht es mächtig zur Sache. Geraden und lange Autobahnkurven absolviert der Lexus mit unerschütterlichem Gleichmut. Enge Kurven sind seine Sache eher nicht. 2,87 Meter Radstand und zwei Tonnen Leergewicht wollen ums Eck gezirkelt werden. Das gelingt dank der sehr direkten und sehr präzisen Lenkung gut, aber natürlich drängt es den Koloss in der Kurve zum Untersteuern. Zudem zeigt uns vor allem auf schlechteren Straßen ein gewisses Zittern und Verwringen der Karosserie, dass wir es mit einem Cabrio zu tun haben und eben nicht mit einem geschlossenen und daher von Haus aus steiferen Fahrzeug.
Besser mit Automatik fahren
Dann doch lieber einen Sonnenstrahl abpassen und das Stoffdach öffnen. Innerhalb von 15 Sekunden und bis Tempo 50 geht das vonstatten, sanft legt sich das hochwertige, vierlagige Verdeck ins Fahrzeugheck. Man hat sich bei Lexus markentypisch viele Gedanken um den Komfort gemacht. Ein Beispiel: Sobald das Dach geöffnet ist, passt die Klimaautomatik Sitz-, Nacken- und Lenkradheizung sowie die Klimaanlage abhängig von Sonneneinstrahlung und Außentemperatur automatisch an.
Wer mit dem LC Cabriolet auf eine weitere Reise gehen will, kann auch das problemlos tun, falls zwei Voraussetzungen gegeben sind: Das Fahrzeug ist zwar offiziell ein 2+2-Sitzer, aber hinten kann man wirklich niemanden, auch kein Kleinkind angemessen unterbringen. Mehr als zwei Urlauber geht also nicht. Und: Beim Packen der Reisetaschen sollte man nicht allzu großzügig vorgehen, denn mit 149 Litern Laderaumvolumen ist der Platz begrenzt. Aber immerhin ist ja auf den „Rücksitzen“ noch etwas Raum für zwei schmale Täschchen.
Cabriolets haben es wegen ihres relativ geringen Nutzwerts immer schwerer, genügend Käufer zu finden. Vor allem erschwinglichere Varianten gibt es kaum noch. Im Luxus-Bereich, wo den Eigentümern für den Alltag meist noch weitere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, sieht es viel besser aus. Der Lexus LC ist ein solches Luxus-Cabrio – teuer in Anschaffung und Unterhalt, aber dafür wird es auch nicht an jeder Ecke zu sehen sein. Das Coupé hat sich im vergangenen Jahr in Deutschland weniger als 100 Mal verkauft. Vom Cabriolet werden es hierzulande im kommenden Jahr sicher nicht sehr viel mehr werden. Die Besitzer wird‘s freuen und auch andere Verkehrsteilnehmer, die sich zumindest ab und an mal an der eleganten Schönheit dieses Fahrzeugs erfreuen dürfen.
Autor: Peter Eck