Flugverspätung und Flugausfall: Ihre Rechte als Passagier
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Verspätungen und Ausfälle gehören leider zum Alltag im Flugverkehr, besonders an großen Flughäfen. Passagiere haben in solchen Fällen oft Anspruch auf Entschädigung. Dieser Ratgeber erläutert die geltenden Fluggastrechte und zeigt, unter welchen Bedingungen Schadensersatz möglich ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei Flugverspätungen ab 3 Stunden und Flugausfällen haben Passagiere unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Entschädigung.
- Die Höhe der Ansprüche richtet sich nach Flugdistanz und Dauer der Verspätung.
- Bei Abflugverspätungen haben Sie Anrecht auf Verpflegung, bei längeren Verzögerungen kann auch eine Hotelunterbringung nötig sein.
- Ab 5 Stunden Verspätung können Reisende kostenlos vom Flug zurücktreten und erhalten den vollen Ticketpreis zurück.
Definitionen von Flugverspätung und Flugausfall
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 differenziert bei Erstattungsansprüchen zwischen folgenden Szenarien:
- Abflug- und Ankunftsverspätungen innerhalb der EU
- Abflug- und Ankunftsverspätungen bei Langstreckenflügen
- Verpasste Anschlussflüge
Eine Ankunftsverspätung beginnt offiziell, wenn die Maschine am Zielflughafen zum Stillstand kommt und die erste Tür geöffnet wird. Die Dauer der Verspätung ist entscheidend für die Höhe möglicher Entschädigungen.
Ein Flugausfall liegt vor, wenn der geplante Flug gestrichen wird.
Betreuungsleistungen bei Abflugverspätungen
Bei Abflugverspätungen haben Passagiere Anspruch auf bestimmte Betreuungsleistungen, abhängig von der Flugdistanz und Verspätungsdauer:
- Kurzstreckenflüge (bis 1500 km): ab 2 Stunden Verspätung
- Mittelstreckenflüge (1500-3500 km): ab 3 Stunden Verspätung
- Langstreckenflüge (über 3500 km): ab 4 Stunden Verspätung
Die Betreuungsleistungen umfassen in der Regel Snacks und Getränke. Bei Verspätungen bis zum nächsten Tag muss die Fluggesellschaft zusätzlich Hotelunterbringung und Transfer bereitstellen.
Ab 5 Stunden Verspätung können Passagiere unabhängig von der Flugdistanz kostenlos vom Flug zurücktreten und haben Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises. Dasselbe gilt, wenn der Flug weniger als 14 Tage vor Abflug annulliert wird.
Entschädigung bei Ankunftsverspätung
Bei Ankunftsverspätungen haben Passagiere Anspruch auf finanzielle Entschädigung, unabhängig vom ursprünglichen Ticketpreis. Die Höhe richtet sich nach der Flugdistanz und der Verspätungsdauer:
Flugdistanz
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Verspätung bei Ankunft
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Entschädigung
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Bis 1.500 km | ≥ 3 Stunden | 250 Euro |
1.500–3.500 km | ≥ 3 Stunden | 400 Euro |
Über 3.500 km | ≥ 3 Stunden | 600 Euro |
Hinweise:
- Anspruch besteht für alle Fluggäste mit eigenem Ticket, einschließlich Kinder.
- Kostenlos mitreisende Personen (z. B. Kleinkinder ohne eigenen Sitzplatz) haben keinen Anspruch.
- Entschädigung muss vom Passagier aktiv eingefordert werden.
Anschlussflug verpasst wegen Verspätung: Wer haftet?
Es kommt häufig vor, dass Reisende wegen eines verspäteten ersten Fluges ihren Anschlussflug verpassen. Ein Beispiel: Der erste Flug mit Airline A hat eine Stunde Verspätung. Für diese kurze Verzögerung allein hätte der Passagier keinen Anspruch auf Entschädigung. Aber er verpasst dadurch seinen Anschlussflug mit Airline B. Der nächste verfügbare Flug geht erst vier Stunden später, wodurch er deutlich später als geplant am Zielort ankommt.
In solchen Fällen kann die Airline des ersten Fluges verantwortlich sein, obwohl ihre ursprüngliche Verspätung gering war. Entscheidend für mögliche Entschädigungsansprüche ist die Gesamtverspätung bei der Ankunft am Endziel. Der Passagier könnte gegenüber Airline A einen Anspruch haben, wenn die Gesamtverspätung die erforderlichen Grenzen überschreitet.
Um Ansprüche geltend zu machen, sollten Reisende:
- Sich die Gründe für die Verspätung schriftlich vom Flugpersonal bestätigen lassen
- Alle Belege für zusätzliche Ausgaben aufbewahren
- Die verspätete Ankunft am Endziel dokumentieren (z.B. mit Bordkarte, Flugdaten)
- Ihre Forderungen schriftlich bei der verantwortlichen Fluggesellschaft einreichen
Kein Schadenersatzanspruch bei außergewöhnlichen Umständen
Kommt es aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu einer Ankunftsverspätung, haben Passagiere keinen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich. Als außergewöhnliche Umstände gelten:
- Streiks (Flughafenpersonal, Flugsicherung)
- Extreme Wetterbedingungen (starker Schneefall, Sturm)
- Sperrung des Luftraums
- Politische Instabilität oder Terrorgefahr
Trotz dieser Ausnahmeregelungen müssen Fluggesellschaften bei Abflugverspätungen die vorgeschriebenen Versorgungsleistungen wie Verpflegung oder Hotelunterbringung erbringen. Bei Ankunftsverspätungen argumentieren Airlines oft mit "außergewöhnlichen Umständen", um Entschädigungszahlungen zu umgehen – nicht immer zu Recht.
In strittigen Fällen empfiehlt sich fachkundige Unterstützung. Eine Rechtsschutzversicherung kann hier wertvolle Dienste leisten. Sie übernimmt in der Regel die Kosten für anwaltliche Beratung und mögliche Gerichtsverfahren. Dies ermöglicht es Passagieren, ihre Ansprüche ohne finanzielles Risiko durchzusetzen.
Verjährungsfrist für Entschädigungsansprüche
Die EU-Fluggastrechteverordnung enthält keine spezifischen Angaben zur Verjährung von Ansprüchen. Für Passagiere in Deutschland gilt daher die allgemeine Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Demnach können Entschädigungsansprüche innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden.