Clinton (dpa) - Der in einen beispiellosen Buchführungsskandal
verwickelte US-Telekommunikationsriese WorldCom Inc. hat weitere
Falschbuchungen in Höhe von 3,3 Milliarden Dollar (3,4 Mrd Euro) seit
1999 eingeräumt. Damit beträgt die Gesamtsumme der seither falsch
verbuchten Gewinne 7,18 Milliarden Dollar. Dies teilte die im grössten
Konkursverfahren der US-Wirtschaftsgeschichte befindliche
Gesellschaft in der Nacht zum Freitag mit.
Die Summe von 3,3 Milliarden Dollar kommt zu den bereits
bekannten falschen Gewinnausweisen in Höhe von 3,85 Milliarden Dollar
für das Jahr 2001 und das erste Quartal 2002 hinzu. Es handelt sich
dabei jeweils um EBITDA-Gewinne, das heisst Gewinne vor
Steuern,
Zinsen und Abschreibungen.
WorldCom will möglicherweise auch Goodwill-Abschreibungen in Höhe
von 50,6 Milliarden Dollar auf den Buchwert aufgekaufter Firmen
vornehmen. Das Unternehmen war durch die Übernahme dutzender Firmen
zum zweitgrössten US-Ferngesprächsunternehmen und zum weltgrössten
Internet-Netzwerkbetreiber geworden. WorldCom will seine Geschäfte
unter Aufsicht des Konkursrichters weiter betreiben. Die
Aktien, die
1999 noch über 100 Milliarden Dollar wert waren, sind jetzt praktisch
wertlos.
Die Ergebnisse für die Jahre 2000, 2001 und 2002 sollen
korrigiert werden. Der neue Wirtschaftsprüfer KPMG LLP führt die
Buchprüfungen durch.
Ein Grossteil der neuen Falschbuchungen habe sich auf
Rückstellungen für offene Kundenforderungen, Gerichtsurteile und
andere potenzielle Verluste bezogen, berichtete die "New York Times"
am Donnerstag in ihrer Onlineausgabe. Firmen könnten Rückstellungen
übertreiben und die notwendigen Mittel hieraus zurücktransferieren,
falls sie Gefahr laufen, die Wall-Street-Erwartungen nicht zu
erfüllen. Die bereits bekannten Fehlbuchungen hatten dagegen
laufende Geschäftsausgaben betroffen, die als Investitionen
ausgewiesen wurden. Sie können über lange Zeiträume abgeschrieben
werden, statt sich sofort Gewinn mindernd voll niederzuschlagen.
Hierdurch werden Gewinne ebenfalls künstlich erhöht.
Der Ex-Finanzchef Scott D. Sullivan und der ehemalige Leiter der
WorldCom-Buchhaltung, David Myers, waren vor wenigen Tagen wegen
Wertpapierbetrugs festgenommen und dann gegen hohe
Kaution
freigelassen worden.
Sullivan habe Aktien im Wert von 18,1 Millionen Dollar verkauft,
berichtete das "Wall Street Journal" am Freitag in seiner Online-
Ausgabe. Auch der frühere WorldCom-Chef Bernie Ebbers und sein
Nachfolger John Sidgmore sowie Verwaltungsratsmitglied Francesco
Galesi sollen im Jahr 2000 Aktien verkauft haben. Diese Enthüllungen
dürften auch die Vorlage des WorldCom-Sanierungsplans und die Vorlage
der geprüften und überarbeiteten Geschäftsergebnisse verzögern.
Gegen WorldCom liegt eine Klage der US-Wertpapier- und
Börsenkommission SEC vor. Auch beim US-Justizministerium und dem
Kongress laufen Untersuchungen gegen das Unternehmen. Der langjährige
WorldCom-Chef Bernie Ebbers musste im Frühjahr auf Druck der
Aktionäre und WorldCom-Gläubiger den Hut nehmen. Er schuldet WorldCom
408 Millionen Dollar.
dpa br xx cs