Einmal Star sein: Zweifelhafte Internet-Versteigerung von Film-Rollen
Stand: 12.03.2004
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Aachen (dpa) - Im Internet kann man neuerdings sogar Rollen für einen Kinofilm ersteigern: Blutige Anfänger ohne jede Erfahrung oder Talent können bei Online-Auktionen für Haupt- und Nebenrollen in dem geplanten Kinofilm "Wer ist eigentlich... Paul?" mitbieten. Wer Alter und Typ entspricht und für seinen Traum als Filmstar tief genug in die Tasche greift, hat gute Chancen auf den Zuschlag. Die ersten Rollen sind schon vergeben. Der Stuttgarter Student Daniel etwa hat für 2730 Euro eine Hauptrolle ersteigert. In der Filmbranche wird das Projekt allerdings kritisch bewertet.
Die Juristin der Arbeitsgemeinschaft Neuer Deutscher Spielfilmproduzenten (München), Magarete Evers, ist allerdings skeptisch: "Die Bedingungen sind unseriös", lautet ihr Urteil. Sie hat sich die Teilnahmebedingungen für die Auktion im Internet genauer angesehen und ist dabei über widersprüchliche und unübliche Regelungen gestolpert. So sollen die Schauspieler für ihre Rolle bezahlen, haben aber keinen Anspruch auf Spesen oder Gage. Erst wenn der Film vermarktet wird, sollen sie zwei Prozent vom Gewinn bekommen. Das sei zu wenig, sagt die Juristin und vermisst auch die Angabe detaillierter Konditionen. Ausserdem werde nicht näher auf die Finanzierung des Films eingegangen.
Im Spätsommer soll Drehbeginn sein, die Finanzierung der Produktion mit niedrigem Budget sei weitgehend gesichert, sagt Anbieter List. Falls aber die weiteren Verhandlungen mit Geldgebern platzen, zerrinnen auch für die Bieter die Träume von Karriere und Berühmtheit - und die Hoffnung, von ihrem Geld etwas wiederzusehen.
"Das Restrisiko trägt der Darsteller", bestätigt List und versichert, dass der Film produziert werde. Der ehemalige Geschäftsführer eines Lokalradios wechselte nach eigenen Angaben ins Filmgeschäft, wo er an Drehbüchern "mitgeschrieben" habe. Für ihn ist das Filmprojekt mit Laien kreativ, innovativ und künstlerisch "sehr gewagt". Juristin Evers dagegen meint, bei der Versteigerung handele es sich um ein für die Bieter riskantes Unterfangen. List scheine vom Filmgeschäft nicht viel Ahnung zu haben. "Wir sehen so etwas nicht gerne, weil es immer die Gefahr in sich birgt, dass es die Branche in Misskredit bringt", sagt sie.
Die Schweizerin Daniela ist dagegen nicht ins Grübeln gekommen. Sie hat für 1500 Euro eine Nebenrolle ersteigert und wartet nun gespannt auf die Drehtage. "Das ist für mich die einmalige Chance, Filmluft zu schnuppern", sagt sie optimistisch. Dafür verzichtet die 24-Jährige in diesem Jahr auf ihren Urlaub. Und wenn sie Talent habe, könne sie sich vorstellen, weiter im Filmgeschäft zu arbeiten.