Barrierefreie Telefonie für gehörlose und hörgeschädigte Menschen
Stand: 17.12.2008
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Bonn - Die Bundesnetzagentur hat jetzt in einer Verfügung die Einführung eines Vermittlungsdienstes für gehörlose und hörgeschädigte Menschen festgelegt. Gleichzeitig wird auch die Kostenverteilung für den Vermittlungsdienst innerhalb der Telekommunikationsbranche geregelt. Dessen ungeachtet besteht weiterhin die Möglichkeit einer Selbstverpflichtung der Telekommunikationsbranche hinsichtlich der Kostenübernahme zur Sicherstellung des Vermittlungsdienstes.
"Mit unserer Entscheidung wird jetzt in Deutschland ein bundesweiter Vermittlungsdienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen in den Regelbetrieb überführt. Damit können gehörlose und hörgeschädigte Menschen jeden anderen Festnetz- oder Mobilfunkanschluss anrufen bzw. von dort auch angerufen werden. Somit wird barrierefrei der telefonische Kontakt z. B. zu Freunden, Familienangehörigen, Ärzten oder Behörden ermöglicht", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth.
In der Grundfunktion des Vermittlungsdienstes der Tess GmbH baut der Hörgeschädigte per Computer eine Videoverbindung zu einer technischen Vermittlungsplattform auf. Dort steht ein Gebärdendolmetscher bereit, der für den Hörgeschädigten den von ihm gewünschten Teilnehmer anruft. Nimmt der gewünschte Teilnehmer ab, übersetzt der Gebärdendolmetscher die Gebärdensprache des Hörgeschädigten in Lautsprache und die Lautsprache des angerufenen Teilnehmers in Gebärdensprache. Ebenso kann auch von jedem Festnetz- oder Mobilfunkanschluss der Vermittlungsdienst angerufen werden, um den gehörlosen oder hörgeschädigten Menschen telefonisch zu erreichen.
Die Einrichtung des Vermittlungsdienstes basiert auf einer Änderung des § 45 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 18. Februar 2007. Den technischen Aufbau des Dienstes hat die Deutsche Telekom AG freiwillig mit einem Millionenbetrag finanziert und in enger Zusammenarbeit mit der "Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten - Selbsthilfe und Fachverbände e.V." (DG) organisiert.
Bis zum Schluss der technischen Testphase war insbesondere die Finanzierung des Regelbetriebs des Vermittlungsdienstes ab dem 1. Januar 2009 umstritten. Der Deutsche Bundestag hatte hierzu in einer interfraktionellen Entschließung vornehmlich auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Telekommunikationsbranche gesetzt. Nur im Notfall sollte die Bundesnetzagentur den Telekommunikationsunternehmen Verpflichtungen zur Sicherstellung des Vermittlungsdienstes nach § 45 Satz 4 TKG auferlegen. Seit 2007 hat die Bundesnetzagentur moderierend auf eine Selbstverpflichtung der Telekommunikationsbranche hingewirkt. Hierzu wurden zahlreiche Gespräche mit allen Fachverbänden geführt und im November 2008 noch einmal alle wesentlichen Telekommunikationsunternehmen kontaktiert.