Frankfurt/Main (dpa) - Im Schadensersatzprozess tausender enttäuschter Kleinanleger gegen die Deutsche Telekom wird an diesem Dienstag (25. Oktober) vor dem Frankfurter Landgericht eine juristische Wende erwartet. Mehrere Klägeranwälte haben bereits vor dem anstehenden zweiten Verhandlungstag dem Vorschlag des Vorsitzenden Richters Meinrad Wösthoff zugestimmt, die Klagen der etwa 15 000 Anleger in einem neuartigen Verfahren zu bündeln. Das Unternehmen selbst hat sich bislang nicht öffentlich zu dieser Möglichkeit geäussert.
Nach dem erst am 1. November in Kraft tretenden Gesetz zum Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG) könnten die zentralen Rechtsfragen in einer Musterklage dem Oberlandesgericht Frankfurt als nächsthöherer Instanz zur Vorabklärung vorgelegt werden. Dazu müssten sich mindestens zehn Kläger zusammenschliessen. Für die übrigen wären die OLG-Entscheidungen verbindlich und sie müssten sich auch an den möglichen Verfahrenskosten beteiligen. Bislang werden vor dem Landgericht in erster Instanz zehn ausgewählte Klagen verhandelt, die aber nach dem bisherigen Recht für die übrigen keine Bindewirkung hätten.
Richter Wösthoff hatte das Musterverfahren als einzig gangbaren Weg bezeichnet, um der Flut der Klagen mit einem geschätzten Streitwert von 150 Millionen Euro Herr zu werden. Er will nach eigener Aussage am Dienstag für die Anwendung des KapMuG werben und mit den Anwälten in erster Linie verfahrensrechtliche Fragen besprechen, auf den eigentlichen Streitgegenstand aber höchstens am Rande eingehen. Ein Urteil sei keinesfalls zu erwarten.
Bereits am ersten Verhandlungstag vor einem knappen Jahr hatte der Frankfurter Richter zu erkennen gegeben, dass er die meisten Angriffspunkte der Kläger gegen den Börsenprospekt der
Telekom aus dem Jahr 2000 für juristisch nicht stichhaltig hält. Er hatte zwar das pauschalierte Verfahren zur besonders umstrittenen
Immobilienbewertung des Telekommunikationsriesen kritisiert, gleichzeitig aber festgestellt, dass mit einem falschen Verfahren nicht unbedingt ein falsches Ergebnis herauskommen müsse. Ein Gutachten zu den historischen Immobilienwerten der Telekom könnte Millionen kosten und gilt als grösstes Prozessrisiko der von der Wertentwicklung der T-Aktie enttäuschten Anleger.