Frankfurt/Main (dpa) - Am 6. Geburtstag der T-Aktie haben die
Telekom-Aktionäre kein Grund zum feiern. Neben dramatischen
Kursverlusten müssen sie nun die nächste bittere Pille schlucken.
Nach dem bislang höchsten Verlust eines Unternehmens im Deutschen
Aktienindex DAX streicht das Management die Dividende für 2002.
Schlechte Nachrichten von der Börse kommen täglich, doch
Hiobsbotschaften von der Telekom rütteln die Bundesbürger immer noch
auf. "Die T-Aktie hat für Deutschland eine nationale Bedeutung wie
keine andere", erkannte schon Ex-Telekom-Chef Ron Sommer. Dies war
auch die eigentliche Ursache für den Rausschmiss des einst gefeierten
Managers.
Der Börsengang am 18. November 1996 gilt als Initialzündung für
die neue Aktienkultur in Deutschland. "Die
Telekom hat durch ihre
Öffentlichkeitsarbeit die Aktie ins Bewusstsein der Deutschen
gerückt", betont Franz-Josef Leven, Direktor beim Deutschen
Aktieninstitut (DAI). "Aber jetzt hat sie auch einen erheblichen
Anteil am Niedergang der Aktienkultur", hält Reinhild Keitel von der
Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) entgegen. "Was da mit
einem DAX-Wert passiert ist, der auch noch als Volksaktie angepriesen
wurde, hat es so noch nie gegeben".
Am ersten Börsentag der T-Aktie floss der Champagner an der
Frankfurter Wertpapierbörse in Strömen. Zum Debüt der Volksaktie
hatte sich fast alles versammelt, was in der Finanzwelt Rang und
Namen besass. Die Spitzen der Grossbanken und Politprominenz gaben sich
ein Stelldichein. "Das ist ein wunderbarer Tag für die Telekom, für
die
Börse und den Finanzplatz Deutschland", schwärmte der damalige
Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper.
Der Einstiegspreis von 28,50 DM (14,57 Euro) explodierte im Taumel
der Begeisterung für moderne Technologien in nicht einmal vier Jahren
auf den historischen Höchststand von 103,50 Euro. Heute dümpelt die
Aktie Lichtjahre davon entfernt bei elf Euro.
Nicht zuletzt der beliebte Tatort-Kommissar Manfred Krug brach die
Skepsis weiter Bevölkerungsteile gegen riskante Spekulationspapiere.
Die millionenschwere Werbekampagne nutzte zudem das vertrauenswürdige
Image von "Liebling Kreuzberg". Damals wurden in der Bundesrepublik
lediglich 3,7 Millionen Aktionäre gezählt. Vier Jahre später waren es
schon 6,2 Millionen. Zum Höhepunkt der Euphorie hielt beinahe jeder
zehnte Bundesbürger Anteile an Aktiengesellschaften.
Doch es folgte ein böses Erwachen: Die Börsenkurse brachen
weltweit ein. Bei der Telekom schlugen - neben schmilzenden Gewinnen
- viel zu hoch bewertete Immobilien zusätzlich ins Kontor.
Aufgebrachte Aktionäre brachten die ersten Strafanzeigen gegen die
Konzernspitze auf den Weg. Die Enttäuschten hegten den Verdacht, die
Führungsetage habe schon viel früher von den Immobilienproblemen
gewusst.
Für einen weiteren Tiefschlag sorgte im August 2001 die Deutsche
Bank. Das
Kreditinstituts empfahl die Aktie zum Kauf. Wenig später
verkaufte das Geldhaus im Auftrag eines Grossaktionärs ein riesiges
Paket von rund 44 Millionen Papieren. Kurz darauf wurde bekannt, dass
der finnische Konzern Sonera vor Ablauf seiner Haltefrist in aller
Heimlichkeit 22 Millionen Aktien abgestossen hatte - mit Wissen der
Telekom.
Erstmals einen Tag vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001 in
den USA fiel der Aktienkurs unter den Ausgabepreis. Der Unmut der
Anleger erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt, als das Management
einerseits die
Dividende kürzte, sich selbst aber eine kräftige
Gehaltserhöhung genehmigte. Auf der Hauptversammlung 2002 entludt
sich die Empörung in Buhrufen und Tiraden gegen Ron Sommer. Mit dem
neuen Chef Kai-Uwe Ricke probt die Telekom nun den Neuanfang.