Telekom nimmt T-Online von der Börse - Aktionärsschützer empört
Stand: 11.10.2004
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Bonn (dpa) - Bittere Pille für T-Online-Aktionäre der ersten Stunde: Die Deutsche Telekom will ihre Internet-Tochter zum aktuellen Kursniveau wieder von der Börse nehmen. Den schätzungsweise 1,5 Millionen Kleinaktionären von T-Online bietet die Deutsche Telekom AG einen Aktientausch in Telekom-Aktien oder eine Barzahlung von 8,99 Euro je T-Online-Aktie an, teilte der Vorstand am Samstag nach einer Aufsichtsratssitzung in Bonn mit. Erstzeichner der T-Online-Aktie hatten im Frühjahr 2000 noch 27 Euro je Aktie bezahlt. Aktionärsschützer kritisierten das Kaufangebot der Telekom als unzureichend.
"Diese Offerte ist absolut inakzeptabel", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker. Die T-Online-Aktionäre sollten abwarten, bis das Umtauschangebot für die Verschmelzung vorliege, ergänzte ein DSW-Sprecher am Sonntag.
Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke verteidigte seinen Plan. "Die Zeiten haben sich geändert", betonte er mit Blick auf den Börsenrückzug von T-Online. Sie ist die einzige börsennotierte Sparte der Deutschen Telekom. Unter dem Telekom-Dach sollen die Festnetzsparte T-Com und die Internet-Tochter zur neuen Geschäftseinheit Breitband/Festnetz zusammengelegt werden. Deshalb seien der Börsenrückzug von T-Online und die Verschmelzung auf die Telekom geplant. T-Online-Aktionäre könnten mit dem Tausch ihrer Aktien in T-Aktien von den drei Wachstumsfeldern Breitband/Festnetz, Geschäftskunden, Mobilfunk profitieren und nicht nur vom reinen Internet. Der T-Online- Aufsichtsrat stimmte am Sonntag der Aufnahme von Verhandlungen über die Verschmelzung zu.
Der Konzernchef räumte ein, dass es in der alten Struktur Reibungsverluste durch konkurrierende Angebote gab. Unter anderem hatten sich die Internet- und die Festnetzsparte Wettbewerb beim Online-Musikvertrieb und dem Aufbau von drahtlosen WLAN-Netzen gemacht. Das neue Geschäftsfeld Breitband/Festnetz der Deutschen Telekom wird von Ex-IBM-Manager Walter Raizner geführt.
Auf die Frage, ob und wie viele Arbeitsplätze beim Zusammenrücken der bisher getrennten Sparten wegfallen, nannte Ricke keine Zahlen. "Unsere Zielsetzung ist nicht, Mitarbeiter einzusparen", betonte er. Zuvor sprach er aber auch davon, dass mit Augenmass Möglichkeiten für Kostenvorteile geprüft würden. So könnte Marketing zusammengeführt werden. Der T-Online-Standort Darmstadt stehe nicht zur Disposition und die räumliche Entfernung zu Bonn sei kein Problem. Allerdings würden nach der Verschmelzung von T-Online auf Telekom Steuern auf das Internet-Geschäft künftig in Nordrhein-Westfalen und nicht mehr in Hessen anfallen.
Für die Kunden der Telekom und von T-Online bedeutet die neue Struktur nach Rickes Darstellung einen Fortschritt, weil es künftig abgestimmte Produkte gebe. "Der Kunde möchte einfache Produkte aus einer Hand und mit klaren Strukturen für die Ansprechpartner - und genau das werden wir ihm künftig bieten", erläuterte der Konzernchef. Die Marken T-Com und T-Online blieben in der neuen Struktur erhalten. "Wir wollen das Schnellboot T-Online als Schnellboot behalten."
Für die Millionen Telekom-Aktionäre sollen die Pläne keine Nachteile bringen. Die Deutsche Telekom wolle weiterhin eine "attraktive Dividende" für das Geschäftsjahr 2004 im kommenden Jahr zahlen, betonte Kai-Uwe Ricke. Mit der neuen Geschäftseinheit Breitband/Festnetz wirke der Bonner Konzern auch den Rückgängen im Markt der Sprachtelefonie entgegen. T-Online hatte sich im wachsenden Markt für das Telefonieren über das Internet aus Rücksicht auf die Festnetzsparte zurückhalten müssen.
Der Verschmelzungsvertrag und das Umtauschverhältnis würden vermutlich nicht vor Januar 2005 verfügbar sein. Die Unterlagen zum freiwilligen Kaufangebot