Erstes Urteil in Deutschland gegen Nutzer von Internet-Tauschbörsen
Stand: 08.06.2004
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Cottbus/Berlin (dpa) - Erstmals ist in Deutschland ein junger Mann verurteilt worden, der illegal Musik über eine Internet-Tauschbörse angeboten hatte. Der 23-Jährige müsse insgesamt 8500 Euro Strafe und Schadenersatz zahlen, weil er tausende Musiktitel im Netz angeboten habe, teilte das Amtsgericht Cottbus am Dienstag mit. Nach Angaben der deutschen Phonoverbände habe der Auszubildende über die Tauschbörse KaZaa die Musik ins Netz gestellt. Bei einer Durchsuchung seien 6000 MP3-Dateien beschlagnahmt worden. Der Internet-Provider hatte die Identität des Musikpiraten der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. (Az.: 95 Ds 1653 Js 15556/04 (57/04)
Der Phonoverband hat bisher in 68 Fällen Anzeige gegen mutmassliche Musikpiraten gestellt. Bei einer weiteren Hausdurchsuchung seien in der vergangenen Woche im Raum Stuttgart zwei Computer eines 57- jährigen Lehrers mit tausenden Musiktiteln beschlagnahmt worden, obwohl der Mann nur 25 Original-CDs besitze. Der Mann habe die Taten gestanden, teilte der Verband weiter mit.
"Der erste Fall ist als Präzedenzfall abgeschlossen - die nächsten Fälle werden folgen", sagte der Verbandsvorsitzende Gerd Gebhardt. In Deutschland sei die Aufklärung über illegale Tauschbörsen am höchsten in Europa. 79 Prozent der Deutschen wüssten, dass Musikangebote im Internet praktisch immer illegal seien.
Die deutsche Musikindustrie hatte in den vergangenen Jahren angesichts des drastischen Umsatzrückgangs und eines Anstiegs im Verkauf von CD-Rohlingen den Nutzern von Internet-Tauschbörsen den Kampf angesagt. Illegale Börsennutzer können über die so genannte IP- Adresse ihres Computers identifiziert werden. Die Internet-Provider müssen der Staatsanwaltschaft die Angaben zur Verfügung stellen. Neben dem strafrechtlichen Verfahren droht dem Musikpiraten danach eine zivilrechtliche Klage und Schadenersatz.
Im Jahr 2003 sind nach Schätzungen gut 600 Millionen Titel allein in Deutschland aus dem Netz heruntergeladen worden. Nach Verbandsangaben geben Nutzer von Tauschbörsen wesentlich weniger Geld für Musik aus. Seit einigen Monaten wird über mehrere Plattformen verstärkt legale Musik gegen Bezahlung im Internet angeboten.