Sweep-Day: Weltweite Fahndung nach Handyabzocke bei Kindern
Stand: 27.04.2004
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Verbraucher-Organisationen und Verbraucherschutz-Behörden in ganz Europa und in Australien werden am Mittwoch an einem gemeinsamen Aktionstag gegen den Missbrauch mit Mobilfunkangeboten vorgehen. Wichtigste Zielgruppe unzähliger Mobilfunkdienstleistungen sind Kinder und Jugendliche.
An dem internationalen "Sweep Day" wird sich auch der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) beteiligen. Verbraucher können dem vzbv Werbung für auffällige Mobilfunkangebote mitteilen. Bei dem Sweep Day soll das Marketing von Mobilfunkangeboten gegenüber Kindern und Jugendlichen untersucht werden. Dabei wird das Internet gezielt nach missbräuchlichen Angeboten durchforstet. Während in vielen Ländern Behörden rechtlich gegen die entsprechenden Anbieter vorgehen, wird in Deutschland der vzbv entsprechende Verfahren einleiten. "Das Geschäft mit der Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ist ein internationales Geschäft - deshalb gehen wir auch international koordiniert dagegen vor", so Patrick von Braunmühl, Leiter des Fachbereichs Wirtschaft.
Der Werbung für kostenaufwändige Dienste wie das Herunterladen von Handy-Klingeltönen, Flirt-Chats oder SMS-Dienste können Teenager kaum entgehen. Das aggressive, häufig rechtswidrige Marketing der Mobilfunkangebote ist eine der Hauptursachen für Schulden schon bei Minderjährigen. Meistens müssen die Eltern dann dafür gerade stehen.
Kinder sind oft nicht in der Lage, die Kosten für die Nutzung von Mobilfunkangeboten zu überschauen. Hinzu kommt, dass die Kosten in der Werbung verschleiert werden und Werbe-SMS z.T. als persönliche Nachrichten getarnt werden. Auch beim Download von Klingeltönen sind Tarifstruktur und Vertragsbedingungen oft unklar.
An dem Sweep Day nehmen Organisationen und Behörden in Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Estland, Grossbritannien, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden und Ungarn teil. Wie Kinder und Jugendliche angelockt werden
1. Die "Flirt-Hotline" von IntelliWork
In einem Fernsehwerbespot wurde eine Flirt-Hotline per MMS beziehungsweise SMS unter der Kurzwahlnummer 77677 beworben: der Preis von 1,99 Euro pro SMS war im Spot nach Ansicht des vzbv nur undeutlich zu erkennen. Die 13jährige Franka (Name geändert) meldete sich dort bei der Flirt-Hotline und tauschte daraufhin über neun Tage SMS mit einem sogenannten Dennis aus. Die Antwort-SMS von Dennis endeten grossteils mit Fragen, waren also auf die Fortsetzung des Flirts und damit auf weitere Kosten angelegt. In den Antwort-SMS erfolgte nach vzbv-Informationen keine weitere Preisangabe. Das Mädchen hatte in der Zeit insgesamt 487,35 Euro verchattet. Die IntelliWork AG, die Betreiberin der Hotline wurde vom vzbv inzwischen wegen intransparenter Preisangabe im Werbespot und fehlender Preisangabe in den Folge-SMS abgemahnt. Hinsichtlich der Preisangabe im Spot wurde zwischenzeitlich eine Unterlassungserklärung abgegeben,der vzbv prüft zur Zeit, ob er im Übrigen Klage erheben wird.
2. Die NewTex GmbH will es wissen: "Hast Du mich etwa vergessen?"
Auch die NewTex GmbH bietet eine Chat-Hotline an. Hier erhielt die ebenfalls 13-jährige Anna (Name geändert)zu Beginn des Chats unter der Kurzwahl-Nummer 84424 unaufgefordert eine SMS mit dem Inhalt: "Warum meldest du dich nicht mehr - hast du mich etwa vergessen?" Nach sechsmaligem Herunterscrollen erschien auf dem Display die Preisangabe von 1,99 Euro pro SMS. In den Folge-SMS erfolgte nach vzbv-Informationen keine weitere Preisangabe. Im Rahmen des dreitägigen Flirts fielen Kosten von 102,60 Euro an. Die NewTex bestreitet, unaufgefordert SMS zu verschicken. Nachdem der vzbv das Unternehmen zunächst erfolglos abgemahnt hatte, hat er inzwischen eine Klage eingereicht.
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