Folgen des BGH-Kontogebührenurteils: Nur 11 Prozent haben Geld zurückgefordert
Stand: 03.06.2025
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Gut vier Jahre nach dem wegweisenden Kontogebührenurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) beschäftigen seine Folgen noch immer die Gerichte. Trotz der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung sind die Banken im Ergebnis glimpflich davongekommen. Denn obwohl durch das Urteil alle Gebührenerhöhungen der Vorjahre für unrechtmäßig erklärt wurden, haben nur 11 Prozent aller Kunden Geld von der eigenen Bank zurückgefordert. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals Verivox.
Ein Großteil der Befragten kennt das Urteil gar nicht
Nur 115 der insgesamt 1.012 Befragten haben seit dem BGH-Urteil vor vier Jahren Kontogebühren von der eigenen Bank zurückgefordert. Das entspricht einem Anteil von 11 Prozent. Dass es so wenige waren, hat unterschiedliche Gründe: Mehr als vier von zehn (41 Prozent) Bankkundinnen und -kunden kennen das Urteil gar nicht. Sie konnten somit gar nicht tätig werden - unabhängig von einem möglichen Erstattungsanspruch.
Aber auch in der Gruppe der Befragten, denen das Urteil bekannt ist, hat nur knapp jeder Fünfte (19 Prozent) Geld zurückgefordert. 81 Prozent haben hingegen darauf verzichtet. Dabei hätte von ihnen nur etwa ein Drittel (34 Prozent) nach eigener Einschätzung keinen Anspruch auf eine Rückerstattung gehabt.
Hingegen gaben 23 Prozent der Befragten mit Kenntnis von dem Urteil an, ihnen wäre der Aufwand zu groß gewesen, ihre Erstattungsansprüche geltend zu machen. 21 Prozent waren unsicher, ob das Urteil auch für sie persönlich gilt. Für 14 Prozent hätten sich Rückforderungen nach eigener Einschätzung nicht gelohnt, weil es nur um wenig Geld ging. Jeweils 7 Prozent wollten die Geschäftsbeziehung zur eigenen Bank nicht belasten (7 Prozent) oder wollten nicht riskieren, dass ihnen die Bank nach einer Gebührenrückforderung das Konto kündigt (7 Prozent). 6 Prozent scheuten die juristische Auseinandersetzung.
Mindestens 40 Prozent haben unrechtmäßig zu viel gezahlt
Vor der BGH-Entscheidung aus 2021 hatten Banken ihre Kunden lediglich vorab informiert, wenn sie die Preise fürs Konto erhöhen oder neue Gebühren einführen wollten. Wenn die Kunden dann nicht aktiv widersprachen oder das Konto gekündigt haben, traten die neuen Konditionen automatisch in Kraft. Dieser Praxis schoben die Karlsruher Richter einen Riegel vor und erklärten Gebührenerhöhungen ohne ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Kunden auch rückwirkend für unrechtmäßig.
"Die Banken können sich glücklich schätzen, dass nach dem Urteil nicht wesentlich mehr Kunden Erstattungsansprüche geltend gemacht haben" sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Aus früheren Studien wissen wir, dass das Girokonto allein in den drei Jahren vor dem Urteil bei mindestens 40 Prozent aller Kundinnen und Kunden teurer wurde. Unabhängig von strittigen Verjährungsfragen hätten also zumindest all diese Kunden Rückerstattungen fordern können. Denn uns ist keine einzige Bank bekannt, die für Gebührenerhöhungen schon vor dem Karlsruher Richterspruch die erforderliche Zustimmung der Kunden eingeholt hat."
BGH muss nun erneut entscheiden
Wer die Auseinandersetzung mit dem eigenen Geldhaus nicht gescheut und Geld zurückgefordert hat, benötigte mitunter einen langen Atem. Einige Verfahren zogen sich über viele Jahre und durch alle Instanzen. Am 3. Juni muss nun erneut der BGH über eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Berliner Sparkasse entscheiden. In dem Verfahren geht es unter anderem darum, wann Erstattungsansprüche gegen die eigene Bank verjähren.
"Unabhängig vom Ausgang des aktuellen Verfahrens werden die deutschen Banken und Sparkassen den Löwenanteil ihrer widerrechtlich kassierten Kontogebühren einfach behalten können", sagt Oliver Maier. "Weil die meisten Betroffenen keine Erstattungsansprüche geltend gemacht haben, sind die Kreditinstitute insgesamt sehr glimpflich davongekommen."
Methodik
Im Auftrag von Verivox hat das Meinungsforschungsinstitut Innofact im Mai 2025 insgesamt 1.012 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt. Die Befragten entstammen einem ISO-zertifizierten Online-Panel mit rund 500.000 Teilnehmenden. Die Umfrage ist bevölkerungsrepräsentativ in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundeslandzugehörigkeit.
Gefragt wurde:
- Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im April 2021 benötigen Banken die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden, wenn sie neue Kontogebühren einführen oder bestehende Gebühren erhöhen wollen. War Ihnen dieses Urteil bislang bekannt?
- Vor dem Urteil haben Banken ihre Kunden über anstehende Gebührenerhöhungen lediglich informiert. Somit wurden durch die BGH-Entscheidung nahezu alle Gebührenerhöhungen in den Jahren vor dem Urteil unwirksam und Kunden konnten ihre zu viel gezahlten Kontogebühren von ihrer Bank zurückverlangen. Haben sie das getan?
- Warum haben Sie nach dem BGH-Urteil keine Kontogebühren von Ihrer Bank zurückverlangt?