Karlsruher eBay-Urteil klärt noch nicht alle Fragen
Stand: 03.11.2004
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Karlsruhe (dpa) - Mit seinem Urteil zum Widerrufsrecht bei Internet-Auktionen hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgeschrieben, was bei den Gerichten der unteren Instanzen teilweise schon Praxis war: Wer bei eBay Waren von einem gewerblichen Anbieter ersteigert, kann das Geschäft binnen zwei Wochen widerrufen - oder, wenn eine ordnungsgemässe Belehrung über die Verbraucherrechte fehlt, sogar noch danach. Das Internet-Auktionshaus reagierte gelassen. Dass die Stärkung des Verbraucherschutzes die Händler abschrecken könnte, ihre Waren via Internet zu versteigern, sei nicht zu erwarten.
Dennoch bleibt nach dem Urteil offen, wer eigentlich als gewerblicher Anbieter oder, wie es im Gesetz heisst, als "Unternehmer" einzustufen ist. "Das ist bei den Gerichten hochgradig umstritten", sagt der Berliner Rechtsanwalt Sören Siebert. Der BGH konnte die genaue Abgrenzung offen lassen, weil es in dem am Mittwoch entschiedenen Fall eindeutig um einen professionellen Anbieter ging - ein Schmuckhändler, der für 252 Euro ein Diamantarmband verkauft hatte.
Schwierig ist dies deshalb, weil bei eBay Händler und Verbraucher nicht mehr exakt zu trennen sind. Der Übergang vom rein privaten zum kleingewerblichen Verkauf sei fliessend, verdeutlicht der Unternehmenssprecher Nerses Chopurian. "Gerade bei eBay wandeln sich Rollen, da Verbraucher häufig auf Dauer zu Händler werden, indem sie dazu übergehen, selbst Produkte über eBay zum Verkauf anzubieten und damit einen Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt verdienen."
Die Konsequenz: Wer allzu tief ins eBay-Geschäft einsteigt, wird unversehens selbst zum Unternehmer - und muss das Widerrufsrecht nebst Informationspflichten gegen sich gelten lassen. Das Auktionshaus warnt, dass kleine Existenzgründer, die den Onlinehandel nutzen wollen, mit komplizierten Verbraucherschutzvorschriften rasch überfordert sein könnten.
Eine blosse Haushaltsauflösung macht den Verkäufer allerdings noch nicht zum Unternehmer, meint der Kölner Rechtsanwalt Arno Lampmann, selbst dann nicht, wenn es sich um eine grosse Zahl von Einzelposten handelt. Doch wo die Grenze verläuft, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Oberlandesgericht Frankfurt ging beispielsweise bei rund 170 Verkäufen in vier Monaten von einem "geschäftsmässigen Handeln" aus.
Andere Gerichte differenzieren nach Art des Verkaufs. Ein geschäftstüchtiger Student, der haufenweise ausrangierte Studienbücher über eBay losgeschlagen hat, handelt nach einem Urteil des Landgerichts Hof noch nicht gewerblich. Wer lediglich seine Privatgeschäfte via Internet abwickelt, werde damit noch nicht zum Unternehmer. "Es kommt also auch darauf an, was verkauft wird", erläutert Siebert.
In jedem Fall dürften aber die so genannten Powerseller als Unternehmer gelten, nach eBay-Angaben ein Kreis von rund 5000 Anbietern, die pro Monat mindestens 3000 Euro Umsatz erzielen oder mindestes 300 Artikel verkaufen. Allerdings, so macht eine eBay- Sprecherin deutlich, seien dies meist ohnehin professionelle Händler.