Bundesgerichtshof entscheidet am 21. Dezember im Mannesmann-Prozess
Stand: 22.10.2005
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Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) wird sein Urteil über die Freisprüche im Mannesmann-Prozess am 21. Dezember verkünden. Das gab der Senatsvorsitzende Klaus Tolksdorf am Freitag am Ende der zweitägigen Revisionsverhandlung in Karlsruhe bekannt. Die Bundesanwaltschaft beantragte die Aufhebung der Freisprüche des Landgerichts Düsseldorf vom Juli 2004. Das Gericht hatte Deutsche- Bank-Chef Josef Ackermann und fünf weitere Mitangeklagte vom Vorwurf der Untreue wegen der Millionenprämien bei der Mannesmann-Übernahme durch den britischen Mobilfunkkonzern Vodafone vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Die Verteidiger forderten die Bestätigung des Düsseldorfer Freispruchs.
Esser hat sich aus Sicht der Bundesanwaltschaft durch Untreue strafbar gemacht. Er habe im Jahr 2000 die vom Präsidium des Aufsichtsrats gefassten Prämienbeschlüsse - von denen er selbst profitierte - massgeblich vorbereitet, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Wehowsky. Damit geht die Bundesanwaltschaft über die im Düsseldorfer Mannesmann-Prozess zugelassene Anklage hinaus: Das Landgericht hatte gegen Esser nur wegen Beihilfe zur Untreue verhandelt.
Nach Essers Worten entsprechen freiwillige Prämien einer weit verbreiteten Praxis: "Es gibt viele Hunderttausend Arbeitnehmer und Geschäftsführer, die solche freiwilligen Boni erhalten." Die Arbeitsgerichte hätten dagegen keine Einwände, und es könne nicht strafrechtlich falsch sein, was arbeitsrechtlich zulässig sei. Er habe die Prämie angenommen, aber nicht angestrebt. Zwar übersteige die Zahlung alles bisher Dagewesene - allerdings sei unter seiner Führung der Wert des Unternehmens mehr gesteigert worden, als es sich irgendjemand habe vorstellen können. Die öffentliche Kritik an der Prämienhöhe akzeptiere er, allerdings sei dies für die Entscheidung nicht relevant.
Essers Verteidiger Jürgen Welp widersprach der Bundesanwaltschaft entschieden. Die Entscheidung über die Vorstandsvergütung liege in der ausschliesslichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Essers Vorbereitung der Beschlüsse habe keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis gehabt. Esser, bei der Übernahme Anfang 2000 seit acht Monaten Vorstandsvorsitzender, hatte neben vertraglichen Abfindungen von rund 15 Millionen Euro einen Bonus von knapp 16 Millionen Euro erhalten. Insgesamt waren 57 Millionen Euro an Manager und Ex- Vorstände ausgeschüttet worden.
Bundesanwalt Gerhard Altvater warf auch dem früheren IG-Metall- Chef Klaus Zwickel Untreue vor, obwohl er sich bei den Prämienbeschlüssen der Stimme enthalten hatte. Zwickel habe durch seine Teilnahme an den Sitzungen die Beschlussfähigkeit des Gremiums hergestellt und so die "pflichtwidrigen Beschlüsse" ermöglicht. Zwickels Verteidiger Jürgen Pauly entgegnete, es gebe keine "Rechtspflicht zum Boykott" von Präsidiumssitzungen, sondern - im Gegenteil - eine Pflicht zur Teilnahme.
Senatsvorsitzender Klaus Tolksdorf, der sich bereits am Donnerstag skeptisch über die Freisprüche geäussert hatte, bezeichnete die Esser- Prämie am Freitag erneut als "Geschenk", auf die der Vorstandschef nach seinem Vertrag keinen Anspruch gehabt habe. Essers Anwalt Sven Thomas verwies darauf, dass solche Prämien nach den Regeln der Unternehmensführung als nachträgliche, an Leistung und Erfolg orientierte Vergütung einzustufen seien. Nach Altvaters Worten haben Ackermann und Zwickel auch bei der Gewährung einer Prämie von gut drei Millionen Euro an den ebenfalls angeklagten Ex-Aufsichtsratschef Joachim Funk Gelder des Unternehmens veruntreut. Dass sie die Zahlungen irrig für erlaubt halten durften - wie das Landgericht ihnen zugute gehalten hatte -, sei nicht ersichtlich.
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