Europas Telekomkonzerne in der Krise
Stand: 16.09.2002
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Hamburg (dpa) - Überteuerte Firmenzukäufe, Milliarden-Lasten durch UMTS-Lizenzen und ein Einbruch der Aktienkurse - die Telekomkonzerne in Europa haben mit Problemen zu kämpfen.
67 Milliarden Euro Schulden hat das Unternehmen angehäuft, an dem der Bund nach wie vor 43 Prozent der Aktienanteile hält. Die einst mit Erfolg an der Börse platzierte T-Aktie stürzte im Wert von über 100 Euro auf fast 10 Euro ab. Telekom-Übergangschef Helmut Sihler (72), der Ron Sommer im Juli ablöste, will bis Ende 2003 die Schulden auf 50 Milliarden Euro drücken. FRANCE TÉLÉCOM
Der französische Telekommunikationsgigant weist derzeit einen Schuldenberg von etwa 70 Milliarden Euro aus. Der Staat hält einen Mehrheitsanteil von 55,7 Prozent. Bei der Börseneinführung 1997 wurde die FT-Aktie wie das Telekom-Papier als «Volksaktie» präsentiert. Seit Jahresbeginn hat die Aktie über drei Viertel an Wert verloren. KPN
Der niederländische Konzern wechselte im vergangenen September bei einem Schuldenstand von 22 Milliarden Euro den Chef aus. An die Spitze des Unternehmens, an dem der Staat mit etwa 34 Prozent beteiligt ist, rückte Ad Scheepbouwer, als Nachfolger von Paul Smits. Die Schulden konnten auf 13,9 Milliarden Euro verringert werden. BRITISH TELECOM
Die Briten halbierten im vergangenen Jahr den Schuldenberg auf 13,7 Milliarden Pfund (21,3 Mrd Euro). Unter anderem die Milliarden-Kosten einer deutschen UMTS-Lizenz hatten BT in die Krise gestürzt. Die Mobilfunksparte wurde ausgelagert und ging an die Börse. Konzernchef Sir Peter Bonfield ging und wurde durch Ben Verwaayen ersetzt, der einen harten Sanierungskurs steuert. TELEFONICA
Europas viertgrößter Telekomkonzern wies in seiner letzten Halbjahresbilanz im Juni konsolidierte Nettoschulden von 25,8 Milliarden Euro aus. Der Ex-Monopolist ist seit 1997 privatisiert. Der Staat verfügt über die «goldene Aktie», die es ihm erlaubt, bei Entscheidungen von strategischer Bedeutung ein Veto einzulegen. Der Kursverfall der Telefonica-Aktie lag im ersten Halbjahr 2002 bei rund 40 Prozent. TELECOM ITALIA
Bei dem einst maroden Telefonriese fiel im vergangenen Jahr wegen hoher Abschreibungen ein Verlust von rund 2 Milliarden Euro an. Bis 2004 sollen zwei Milliarden Euro eingespart, zugleich aber bis zu 3000 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Die Aktie verlor seit Jahresbeginn erheblich an Wert. Die Krise der Telekom-Branche, die der Euphorie der vergangenen Jahre folgte, hat schon einige Chefs internationaler Großkonzerne den Job gekostet: MICHEL BON
Seit 1995 steuerte der heute 59-Jährige den größten französischen Telekom-Konzern France Télécom. Nun besiegelte das MobilCom-Debakel das Ende der Ära Bon. France Télécom ist mit 28,5 Prozent an MobilCom beteiligt. Die konservative Regierung unter Premier Alain Juppé hatte den Mann aus Grenoble an die Télécom-Spitze berufen. Zuvor hatte Bon die Karriereleiter über Eliteuniversität und Staatsdienst erklommen. Er kündigte am vergangenen Donnerstag in Paris seinen Rücktritt an. RON SOMMER
Sieben Jahre stand der Manager an der Spitze der Deutschen Telekom. Nach dem Verfall der T-Aktie wurde er zum Prügelknaben enttäuschter Kleinaktionäre. Die internationale Expansion und der Erwerb von UMTS-Lizenzen kosteten die Telekom Milliardenbeträge. Der Schuldenberg wuchs auf 67 Milliarden Euro. Die T-Aktie sauste von zeitweise mehr als 100 Euro in den Keller. Im Juli musste Sommer seinen Platz räumen. PAUL SMITS
Im September 2001 gab der Vorstandschef des niederländischen KPN-Konzerns Paul Smits bei einem Schuldenstand von 22,8 Milliarde Euro nach eineinhalb Jahren auf. Über den Erwerb des deutschen Mobilfunkbetreibers E-Plus und teurer UMTS-Lizenzen in Deutschland und Großbritannien wollten die Niederländer auf der Welle des Mobilfunk-Erfolgs mitreiten. Der Börsenwert des Untern