Siemens sucht bei Handys den Anschluss - Trennung möglich
Stand: 12.01.2005
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München (dpa) - Auf die Handys des Konzerns war der scheidende Siemens-Chef Heinrich von Pierer immer besonders stolz. Auf Pressekonferenzen und Hauptversammlungen warb er um Käufer für die Geräte. Doch angesichts stagnierender Marktanteile, einer Softwarepanne beim aktuellen Modell und hoher Verluste hat Pierer die Handysparte öffentlich zur Disposition gestellt. "Fix, close, sell or cooperate" laute die Devise, sagte er. Damit schloss er weder Verkauf, noch Schliessung oder Sanierung der Sparte aus. Bei seiner Abschlussvorstellung auf der Hauptversammlung Ende Januar will Pierer möglichst verkünden, wohin die Reise geht.
Aufsichtsrat Wolfgang Müller von der IG Metall glaubt zu wissen, wie es zu dem Rückstand kam: "Siemens hat zuviel gespart, damit kriegt man keine Innovationen hin." Auch Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer ist überzeugt, dass Siemens bei den Handys aus eigener Kraft an die Weltspitze finden könnte. "Wenn Nokia vom Gummistiefel-Produzenten zum Handy-Weltmarktführer aufsteigen konnte, dann wird es doch ein renommierter High-Tech-Konzern auch schaffen."
Unter den weltweiten Herstellern lag Siemens im dritten Quartal mit einem Marktanteil von 7,6 Prozent auf Rang vier. Nach Einschätzung vieler Experten zuwenig, um auf Dauer profitabel arbeiten zu können. Im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2003/04 (30. September) machte der Konzern mit Handys einen Verlust von 141 Millionen Euro. Aufstrebende Konkurrenten wie Samsung - die neue Nummer zwei der Branche - machten derweil grosse Fortschritte. "Samsung ist der Volvo unter den Handys", sagt Burkert.
Stark geschadet hat dem Siemens-Konzern eine Software-Panne im vergangenen Jahr. Wegen eines zu lauten Tons beim Ausgehen des Akkus rief das Unternehmen die nagelneue 65er-Serie zurück, bei Prestige und Erlösen wirkt die Panne noch immer nach. Viele Branchenexperten bezweifeln, ob andere Hersteller die Handys mit dem vergleichsweise kleinen Problem überhaupt zurückgerufen hätten. "Handys werden zunehmend zu Bananenprodukten, sie reifen beim Kunden", sagt Burkert. Die Software sei heute so komplex, dass nicht alle möglichen Probleme schon beim Entwicklungsprozess entdeckt werden könnten.
Eine Sanierung des Geschäfts dürfte für Siemens nicht einfach werden und mit der Streichung weiterer Arbeitsplätze verbunden sein. In Medienspekulationen war von 1000 betroffenen Stellen im gesamten Kommunikationsbereich die Rede, Beschlüsse sind allerdings noch nicht gefallen. Aufsichtsrat Müller verweist darauf, dass der Lohnkostenanteil bei der Handyherstellung bei nur vier Prozent liege. Da könnten nicht zu hohe Personalkosten für die Probleme der Sparte verantwortlich gemacht werden.
Ein Käufer für die Sparte ist derzeit nicht in Sicht, zudem wäre unklar, was dann aus der Marke würde. Auch eine Schliessung gilt als unwahrscheinlich. "Das wäre ja eine Kapitulationserklärung", sagt ein Branchenkenner. Daher gilt es momentan als am wahrscheinlichsten, dass Siemens die Handys in ein Gemeinschaftsunternehmen einbringt. Vorbild könnte dabei der Computerhersteller Fujitsu Siemens sein, an dem beide Partner jeweils 50 Prozent halten. In Europa ist kein Partner in Sicht. Daher richtet der Konzern den Blick wohl in erster Linie nach Asien. Die koreanische Firma LG Electronics wird immer wieder mal als möglicher Partner genannt.