Zeit für Zukäufe für große Energieunternehmen günstig
Stand: 22.01.2009
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa-AFX
Berlin - Für die großen Energieunternehmen ist die Zeit für Zukäufe aus Expertensicht günstig. "Die Branche ist weiterhin finanzstark genug für Investitionen. Und in der Tat: Alle großen Unternehmen schauen sich um", sagte Manfred Wiegand, bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zuständig für die Energiebranche, in einem Gespräch mit Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Rande einer Energiekonferenz in Berlin.
Kleinere Unternehmen der Branche müssten zum Teil ihre Finanzierungsstrukturen überdenken. "Angesichts der Krise ist es für einige sinnvoller, mehr auf Eigen- statt auf Fremdkapital zu setzen", sagte Wiegand. Insofern biete sich für andere die Chance zu einem Einstieg. Gleiches gelte für die Projektfinanzierung. "Wo früher Finanzinvestoren zur Stelle waren, müssen die Unternehmen nun überlegen, ob sie nicht auch größere Energieversorger mit strategischem Interesse ins Boot holen."
Große Transaktionen werde es angesichts der Finanzkrise aber weniger geben. "Mega-Deals im Bereich von 30, 40 oder 50 Milliarden Euro sehen wir in naher Zukunft nicht", sagt Wiegand. Bei Transaktionen im zweistelligen Milliardenbereich stießen auch die großen Spieler an ihre Grenzen. Grund sei ebenfalls die Finanzkrise. Große Transaktionen beeinflussten unweigerlich das Rating der Unternehmen. "Das führt dann schnell zu hohen Kosten, denn Abstufungen können den gesamten Finanzierungsbedarf des Unternehmens belasten." Auch bei bestehenden Kreditverträgen könnten sich bei einer Abstufung die Konditionen für die Unternehmen verschlechtern.
Im wichtigen Rohstoffland Russland erwartet Wiegand trotz der Wirtschaftskrise wenig Investitionschancen für internationale Versorger. "Der Trend zur Re-Verstaatlichung der Energiebranche wird wohl leider andauern. Eine Umkehr ist nicht in Sicht." Dabei brauche Russland enormes Kapital zur Erschließung seiner Rohstoffquellen. 2008 waren einer PwC-Studie zufolge nur noch elf Prozent der Investitionen für Übernahmen und Fusionen in die russische Föderation gegangen, 2007 waren es 21 Prozent.
International sieht Wiegand eine Renaissance der Atomenergie. "Ob Deutschland da mitmacht oder nicht, das wird sich nicht aufhalten lassen." Im vergangenen Jahr sei entgegen dem allgemeinen Trend das Volumen für Übernahmen und Fusionen im Kernkraftbereich gestiegen. Weltweit seien zahlreiche Projekte geplant, auch wenn noch kein Land über die Endlagerung des Atommülls eine endgültige Lösung gefunden habe. Selbst in Italien, das nach der Tschernobyl-Katastrophe seine Nuklearanlagen komplett abschaltete, seien acht neue Kraftwerke im Gespräch.
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