Deutsche bauen Atommüll-Zwischenlager bei Murmansk
Stand: 23.09.2007
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Lubmin (dpa) - Die Kola-Halbinsel im Norden Russlands gehört zu den am stärksten mit atomaren Hinterlassenschaften belasteten Regionen der ehemaligen Sowjetunion. Die überalterten Atom-U-Boote der Nordmeerflotte dümpelten nach dem Zusammenbruch des ehemals größten sozialistischen Staates ungesichert in den Buchten um Murmansk. Noch immer sind die Gefahren nicht vollständig gebannt. Doch seit 2003 helfen Spezialisten der Energiewerke Nord (EWN) aus Lubmin bei Greifswald bei der Beseitigung dieser Altlasten. Sie projektierten zunächst ein mehr als sieben Hektar großes offenes Zwischenlager. Dort werden künftig Reaktor-Sektionen von 150 ausgemusterten Atom-U-Booten und 28 weiteren atomgetriebenen Schiffen auf einer umzäunten Betonplatte verwahrt. Die Einlagerung der ersten Teile hat im vergangenen Jahr begonnen.
Finanziert wird das neue Entsorgungszentrum von Deutschland. Im Jahr 2002, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA, beschlossen die G8-Staaten im kanadischen Kananaskis ein milliardenschweres Programm gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -materialien. Die Bundesrepublik beteiligt sich daran nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums mit 1,5 Milliarden Dollar. Mit einem Teil dieses Geldes wurde bereits der 300 Millionen Euro teure Bau des offenen Zwischenlagers finanziert. "Unsere Arbeit in Russland hat so überzeugt, dass uns das Vertrauen für das Nachfolgeprojekt entgegen gebracht wurde", sagt der kaufmännische Direktor der EWN, Jürgen Ramthun.
Das nun geplante Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall werde neben fünf Lagerhallen eine Zerlegehalle für Großteile sowie einen Bereich mit modernen Anlagen zur Dekontamination umfassen. Mit einem Lagervolumen von rund 100 000 Kubikmetern wird es ungefähr halb so groß wie das ZLN in Lubmin werden. "Das nach den höchsten internationalen Standards geplante Lager bedeutet für Russland einen Quantensprung für die Entsorgung atomarer Altlasten", sagte Mietann, der seit Beginn des ersten EWN-Projektes regelmäßig zwischen Murmansk und Lubmin pendelt.
Mit dem Bau des Zwischenlagers soll sich die Entsorgungskette im Norden Russlands schließen: Dort sollen schwach- und mittelradioaktiv kontaminierte Metallteile entsorgt werden, die bei der Zerlegung der U-Boote oder anderer Hinterlassenschaften wie atombetriebener Eisbrecher anfallen. Auch Abfälle aus atomaren Rückbauprojekten anderer G8-Staaten, beispielsweise Großbritanniens, sollen dort eingelagert werden.
Doch vor dem Baustart sollen die Arbeiten an dem offenen Zwischenlager beendet werden. "In dieser Woche werden weitere sieben zuvor vom Kernbrennstoff befreite und für die Langzeitlagerung von 70 Jahren konservierte Reaktorsegmente eingelagert", sagt Mietann. Zudem seien Erweiterungsflächen von rund 2,2 Hektar geplant, auf denen neben den ursprünglich geplanten 120 weitere 58 Reaktorsegmente von U-Booten und anderen Schiffen unter freiem Himmel gelagert werden sollen.
Für die EWN ist das Russland-Projekt ein wichtiges Nachfolgevorhaben nach dem Rückbau des Atomkraftwerkes in Lubmin, der 2008 abgeschlossen sein soll. Zudem sind Experten aus dem Ort bei Greifswald bereits mit der Demontage der atomaren Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe und des Versuchsreaktors Jülich beschäftigt. Inzwischen sind 120 EWN-Mitarbeiter in auswärtigen Projekten in Deutschland oder Russland tätig, wie Firmensprecherin Marlies Philipp sagt.