Internet-by-Call: Als es noch Schmalband-Internet per Einwahl gab
Stand: 05.03.2018
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg – Das Modem piepst und rattert beim Einwählen ins Internet? Das dürfte gerade jüngeren Nutzern vorsintflutlich vorkommen. Als die Internetnutzung noch in ihren Kinderschuhen steckte, waren Schmalband-Zugänge mit gerade einmal 64 kbit/s gang und gäbe. Damit surft heute nur noch, wer notgedrungen mit gedrosselter Geschwindigkeit unterwegs ist – und zwar auf dem Smartphone. Verivox begibt sich auf Zeitreise und zeigt, wie Nutzer früher ins Netz gingen und welche Tarife es gab.
Schmalspur-Internet per Anruf
Internet-Verträge mit Laufzeit und hohen Bandbreiten – das ist heute Standard. Ganz anders war das in Zeiten von Internet by Call. Die alten Schmalband-Verbindungen gab es per Anruf, wenn man sie brauchte und zwar ganz ohne vertragliche Bindung an einen Provider. Die Nutzer mussten sich lediglich über ihr Modem einwählen. Die passenden Einwahlnummern und Zugangsdaten stellten zahlreiche Internet-by-Call-Anbieter mit ihren Tarifen zur Verfügung.
Geschwindigkeiten wie mit Drosselung
Eine Internet-Geschwindigkeit von 64 kbit/s gilt heute als gedrosselt und treibt Smartphone-Nutzer in den Wahnsinn. Damals war diese Geschwindigkeit jedoch vollkommen normal, denn die Verbindungen wurden über die analoge Festnetztelefonie realisiert. Während modernes DSL einen Standard von 40 kHz hat, waren bei Schmalband gerade einmal 3kHz drin. Das reichte zum Abrufen von E-Mails und zum Surfen im Internet. Bei größeren Up- und Downloads oder Multimedia-Inhalten stießen die Winzlings-Bandbreiten jedoch schnell an ihre Grenzen.
Ambitionierte Surfer konnten jedoch den "Turbo" zünden, indem sie mehrere Kanäle über die sogenannte Kanalbündelung zusammenschalteten. Das führte zu einer höheren Bandbreite und zum schnelleren Surfen.
Surfen mit Blick auf die Uhr
Das schmale Internet gab es auch für den schmalen Geldbeutel – vorausgesetzt die Nutzer kannten die Preismodelle und –taktiken der Anbieter. Die meisten Tarife hatten unterschiedliche Preise in den Haupt- und Nebenzeiten. Da kein Vertrag zwischen Nutzer und Anbieter bestand, versteckte sich hier für Verbraucher so manche Kostenfalle: Häufig wechselten die Tarifkonditionen und Zeitfenster mehrfach die Woche. War eine Verbindung nachts umsonst, so kostete sie zum Beispiel zur Hauptnutzungszeit – und am nächsten Tag bereits umgekehrt.
Wer bei den Tarifkonditionen nicht genau hinsah, zahlte bei manchen Tarifmodellen außerdem einen Mindestumsatz oder eine Einwahlgebühr. Letzteres war besonders ärgerlich, wenn die Verbindung abriss, und man sich neu einwählen musste. Auch die Abrechnungszeiträume variierten: Die meisten Tarife wurden im Minutentakt (60/60) abgerechnet, manche sekündlich und andere im 5-Minuten-Takt (300/300). Da halfen nur Tarife mit festen Preisgarantien oder der ständige Blick auf die Uhr – andernfalls kam die saftige Quittung mit der nächsten Telefonrechnung.
Schmalband für Privatkunden hat ausgedient
Ab den frühen 90ern lag Schmalband-Internet immer mehr im Trend. Im Rekordjahr 2001 war Deutschland 127 Milliarden Minuten lang über Schmalband-Verbindungen im Netz. Ab 2004 ging es jedoch rapide bergab. 2009 nutzten nur noch 4 Prozent der Haushalte Schmalband, während fast 90 Prozent auf das leistungsfähigere Breitband setzten.
Die meisten Internet-by-Call-Anbieter sind inzwischen aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Geschäft ausgestiegen. Zuletzt zogen sich die größten Anbieter Tele2 und 2017 auch 1&1 zurück und kündigten den letzten Bestandskunden. Leistungsstarke Breitband-Anschlüsse und schnelles mobiles Internet haben das alte Schmalband längst verdrängt.
Zweite Karriere: Narrowband für IoT
Schmalband ist damit erledigt? Weit gefehlt: Die Narrowband-Technologie ist wie gemacht für das Internet der Dinge (IoT), denn sie arbeitet mit kleinen Datenraten und geringem Energieverbrauch. Über Schmalband können somit auch schwer erreichbare Gegenstände vernetzt werden, zum Beispiel intelligente Park- oder Beleuchtungssysteme. Die alte Schmalband-Technik, so schätzen Branchenexperten, wird damit eine späte zweite Karriere erleben.