Glasfaser der Telekom: Wettbewerber warnen vor Bau eines Geisternetzes
Stand: 14.05.2024
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Verlegt die Deutsche Telekom bewusst den Großteil ihrer Glasfaserleitungen nur bis in die Straße (Homes Passed), statt bis in die Wohnungen der Kunden? Wettbewerber Vodafone warnte auf der Breitbandmesse ANGA COM in Köln vor einem Geisternetz der Telekom. Das würden Zahlen aus der neuen Gigabit-Studie des Branchenverbandes VATM sowie von Dialog Consult zeigen. Auf der Messe gab es einen Ausblick auf erste Zahlen, am Mittwoch wird die Studie offiziell vorgestellt.
Telekom kommt bei Glasfaser nur auf Take-up-Rate von 13 Prozent
Geschätzt 6,8 Millionen (74 Prozent) der insgesamt 9,2 Millionen Glasfaseranschlüsse der Telekom werden Ende Juni 2024 lediglich Homes Passed sein. Der Anschluss der Leitungen bis in die Gebäude und Wohnungen der Kunden steht dabei noch aus. Und sie könnten eventuell noch lange auf den finalen Ausbau warten, so Andreas Walter von Dialog Consult. Lediglich 1,2 Millionen Glasfaseranschlüsse der Telekom würden zum Ende des ersten Halbjahres auch tatsächlich genutzt. Das ergibt eine sogenannte Take-up-Rate von nur 13 Prozent.
Zum Vergleich: Die Wettbewerber kommen laut der VATM-Studie auf insgesamt 9,7 Millionen Glasfaseranschlüsse, davon seien nur 4 Millionen (41,2 Prozent) Homes Passed. Die Zahl der aktiven Glasfaserkunden der Wettbewerber werde Ende Juni 2024 bei 3,4 Millionen liegen. Das entspreche einer Take-up-Rate von 35,1 Prozent. Mehr als ein Drittel der Glasfaseranschlüsse der Wettbewerber wird somit tatsächlich auch von Kunden genutzt.
Vodafone-Manager wirft Telekom Strategie des "Handtuchwerfens" vor
Nach Ansicht des VATM und von Dialog Consult hat die Telekom keinen Zeitdruck, die in der Straße liegenden Glasfaseranschlüsse tatsächlich auch weiter bis zu den Wohnungen der Kunden zu verlegen. Im Zweifel wären DSL-Kunden auf dem bereits abgeschriebenem Kupfernetz finanziell lukrativer für die Telekom als Glasfaserkunden auf dem neuen Netz. Vodafone-Manager Michael Jungwirth, zugleich auch VATM-Präsidiumsmitglied, wirft der Telekom die Strategie eines 'Handtuchwerfens' vor. Der dominierende Internetanbieter in Deutschland baue vielerorts lediglich Homes Passed aus, zeige somit Präsenz und vertreibe damit Wettbewerber aus diesen Gebieten. Jungwirth warnt vor dem Aufbau eines Geisternetzes in Deutschland: Eigentlich sei alles gut versorgt, aber kaum einer habe einen Anschluss.
Bundesnetzagentur-Präsident gegen festen Abschalttermin für DSL
Der Ball liege bei der Bundesnetzagentur, die dieser Entwicklung gegensteuern müsse, damit der Wettbewerb nicht gefährdet werde. Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller hatte in seiner Keynote zur Eröffnung der ANGA COM eine Take-up-Rate von nur 25 Prozent über alle Anbieter hinweg als unbefriedigend bezeichnet. Es gebe aber keine Patentlösung, um die Menschen von Glasfaser zu überzeugen. Müller wünscht sich, dass positiver über Glasfaser berichtet werde. Überlegungen aus Brüssel zu einem Abschalttermin für die alten DSL-Netze, sieht die Bundesnetzagentur eher kritisch. Eine Migration von Kupfer auf Glasfaser müsse sorgfältig vorbereitet werden. Erste Erfahrungen würden in Pilotprojekten gesammelt. Die Bundesnetzagentur setze bei den Glasfaseranbietern auf eine freiwillige Bereitschaft zu Open Access, also freiem Zugang aller interessierten Unternehmen auf die neuen Netze. Falls notwendig seien aber auch regulatorische Eingriffe denkbar.
Telekom sieht in Glasfaser die Zukunft und verweist auf Kooperationen
Telekom-Manager Wolfgang Metze hatte am Dienstag auf der ANGA COM zuvor erklärt, dass der Bonner Konzern in der Glasfaser die Zukunft sehe. Die Telekom stehe für Open Access und habe im letzten Jahr ein Drittel des Ausbaus über Kooperationen mit anderen Anbietern realisiert. Metze plädierte für vereinfachte Antrags- und Genehmigungsverfahren und den verstärkten Einsatz von alternativen Verlegungstechnologien wie Trenching.
Gigabitfähige Internetanschlüsse für 45,9 Millionen Haushalte
Auch wenn der Glasfaserausbau noch lange nicht beendet ist, so gibt es in Deutschland immer mehr gigabitfähige Internetanschlüsse. Ende Juni könnten laut VATM-Schätzung 35,9 von 45,7 Millionen privaten Haushalten sowie kleinen und mittleren Unternehmen mit einem gigabitfähigen Anschluss versorgt sein. Diese Zahl berücksichtige aber auch Doppelzählungen in Gebieten, wo sowohl Glasfaser als auch Kabel-Internet verfügbar ist. Zum Vergleich: Ende 2023 lag die Zahl der Anschlüsse, die fit für Gigabit-Speed sind, bei 43,7 Millionen. Die Gigabit-Versorgungsquote erhöht sich laut VATM gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent auf 78,6 Prozent. 80 Prozent (36,7 Millionen) aller gigabitfähigen Anschlüsse werden von den Wettbewerbern realisiert. Den Löwenanteil trugen die Kabelnetze dazu bei. 20 Prozent (9,2 Millionen) der gigabitfähigen Anschlüsse entfallen auf die Telekom.
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