Handelsblatt: Zahlreiche Banken in Zinsskandal verwickelt
Stand: 11.07.2012
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Düsseldorf/London - Wie das "Handelsblatt" in seiner Dienstagsausgabe berichtet, sind etwa ein Dutzend Großbanken in den internationalen Zinsskandal verwickelt. "Weltweit haben sich 10 bis 14 Großbanken daran beteiligt", sagte der für Finanzmarktregulierung zuständige britische Staatssekretär Mark Hoban der Zeitung.
Die britische Großbank Barclays sei Auslöser der laufenden Ermittlungen gewesen. Diese hätten ergeben, dass Banken in anderen EU-Ländern, in den USA und Japan ebenfalls beteiligt gewesen seien.
In dem kürzlich bekannt gewordenen Skandal geht es um die Manipulation des britischen Zinssatzes Libor, zu dem in Großbritannien Banken anderen Instituten Geld leihen, und des europäischen Interbanken-Zinses Euribor. Beide Zinssätze sind aber nicht nur für Geschäfte zwischen Banken von großer Bedeutung. Indirekt hätten Manipulationen auch Einfluss auf Kredite und Spareinlagen, weil deren Zinssätze teils vom Libor und Euribor abhängig oder direkt daran gekoppelt sind.
Entlassungen bei Barclays und RBS
Bei Barclays räumten in Folge der Affäre Vorstandschef Bob Diamond und weitere Manager ihren Posten. Die Royal Bank of Scotland entließ bereits vier ihrer Händler wegen Verwicklung in die Angelegenheit.
Der für Finanzmarktstabilität zuständige Vize-Chef der britischen Notenbank, Paul Tucker, wies am Montag vor dem Finanzausschuss des britischen Parlaments den Vorwurf der Einflussnahme in der Affäre zurück. Er bestreite den Vorwurf "unumschränkt", Händler von Großbanken zur Manipulation von Zinssätzen ermutigt zu haben, sagte Tucker vor dem Gremium. Auch habe ihn kein Minister der britischen Regierung gezwungen, Bank-Mitarbeiter zu Zinsmanipulationen zu ermutigen.
Vergangene Woche hatte Barclays schriftliche Aufzeichnungen aus einem Telefongespräch zwischen Ex-Chef Diamond und Tucker veröffentlicht. Diese hatten in der britischen Öffentlichkeit für große Verwunderung gesorgt und Fragen über eine mögliche Verwicklung Tuckers aufgeworfen.
Unregelmäßigkeiten mitten in der Finanzkrise
Tucker sagte vor dem Ausschuss, die Aufzeichnungen von Ex-Barclays-Chef Diamond gäben "nicht vollständig" und nur ungenau den Inhalt eines Gespräches wieder. Die Passagen, in denen die Banker über den Libor-Satz gesprochen hätten, erweckten "den falschen Eindruck", sagte Tucker.
Den Aufzeichnungen Diamonds zufolge schlug Tucker auf dem Höhepunkt der internationalen Finanzkrise 2008 vor, die Mitteilungen von Barclays an den britischen Bankenverband zur Berechnung des Libor-Satzes könnten niedriger sein als die Zinsen, welche die Bank tatsächlich im Geschäft mit anderen Instituten habe zahlen müssen. Mit niedrigeren Interbanken-Zinsen hätte Barclays nach außen den Eindruck erwecken können, stabiler dazustehen, als die Bank zum damaligen Zeitpunkt womöglich tatsächlich war. Hohe Zinsen bei Kreditgeschäften sind stets ein Zeichen für ein hohes Risiko beim Schuldner.