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Studie: Versicherungskosten durch Unisex gestiegen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn

Hofheim am Taunus - Männer und Frauen sind gleichgestellt - zumindest vor der Versicherung. Seit etwa drei Monaten müssen die Unternehmen ihren Kunden Unisex-Tarife anbieten. Eine aktuelle Studie zeigt: Günstiger ist es nicht geworden - im Gegenteil.

Seit dem 21. Dezember 2012 müssen Versicherungen Männern und Frauen einheitliche Tarife anbieten. Doch diese Gerechtigkeit lassen sich die Unternehmen bezahlen: Das Preisniveau ist in den betroffenen Sparten für alle Versicherten gestiegen, wie eine aktuelle Marktstudie des Analysehauses Morgen & Morgen in Hofheim am Taunus für den dpa-Themendienst zeigt. Allein bei den stationären Zusatztarifen in der privaten Krankenversicherung zahlen Frauen und Männer jetzt 10 bis 20 Prozent mehr als vor der Umstellung.

Versicherer "kalkulieren derzeit sehr vorsichtig"

Für diese Entwicklung gibt es eine Erklärung: "Die Versicherungen kalkulieren derzeit sehr vorsichtig", sagt Morgen & Morgen Geschäftsführer Stephan Schinnenburg. Aufgrund der neuen Risikoverteilung rechnen die Unternehmen noch einen Sicherheitszuschlag ein. Für Kunden heißt das: Sie müssen tiefer in die Tasche greifen. Die Auswirkung der Unisex-Tarife im Überblick:

Private Krankenversicherung (PKV)

Günstiger sollte es durch die einheitlichen Tarife in der PKV werden, vor allem für Frauen. "Diese Hoffnung ist enttäuscht worden", sagt Schinnenburg. "Frauen zahlen im Schnitt genauso viel wie vor der Umstellung, Männer müssen jetzt bis zu 20 Prozent mehr zahlen."

Ein Beispiel: Eine private Krankenvollversicherung kostete vor der Umstellung für einen 30-jährigen Mann im Monat rund 427 Euro, für eine gleich alte Frau 527 Euro. Der Unisex-Tarif kostet nun im Schnitt 525 Euro. Schuld ist laut Schinnenburg aber nicht allein Unisex. "Leistungsverbesserungen und Rechnungszinsabsenkungen haben den Versicherern keinen Spielraum für niedrigere Beiträge gelassen."

Bei den PKV-Zusatztarifen müssen jetzt sowohl Männer als auch Frauen mehr berappen. Für einen Tarif, der die Unterbringung im 1- oder 2-Bettzimmer und die Chefarztbehandlung absichert, zahlen 40-jährige Kunden jetzt im Schnitt rund 47 Euro im Monat. Vor der Umstellung wurden für Männer durchschnittlich 42,43 Euro und für Frauen 42,19 Euro fällig.

Eine weitere Besonderheit: Im Zuge der Umstellung auf Unisex hat sich die Gesamtanzahl der PKV-Volltarife fast halbiert. "Die Versicherer haben die Umstellung anscheinend als Anlass genommen und ihre Tarifwelt aufgeräumt und zusammengestrichen", sagt Schinnenburg. "Auch im PKV-Zusatz Bereich wurde aufgeräumt und die Anzahl der Tarife im Zuge der Unisex-Umstellung reduziert."

Risikolebensversicherung

Deutlich ist das gestiegene Preisniveau für beide Seiten auch bei der Risikolebensversicherung. "Das höhere Todesrisiko des Mannes trägt jetzt die Frau mit", sagt Schinnenburg. Eine Bäckerin zahlt nun beispielsweise rund 55 Euro mehr im Jahr für einen Todesfallschutz von 250 000 Euro. Für Bäcker sinken die Jahresbeiträge aber nur um rund 36 Euro.

Bestätigt wird dieser Trend auch von der Stiftung Warentest. Für die Zeitschrift "Finanztest" (Heft 4/2013) untersuchten die Tester die Tarife von 36 Risikolebensversicherern. Das Ergebnis: Frauen zahlen jetzt bei den Nichtrauchertarifen durchschnittlich 23 Prozent mehr, Männer sparen aber nur etwa 12 Prozent.

Kunden sollten daher unbedingt verschiedene Angebote vergleichen, empfiehlt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. "Direktversicherer sind meist deutlich günstiger." Hier zahlten Verbraucher weniger Geld für die gleiche Leistung. "Bei Risikolebensversicherungen sind die Bedingungen zu 99 Prozent identisch."

Rentenversicherung

Auch bei privaten Rentenversicherungen haben die Unisex-Tarife Auswirkungen. "Männer bekommen mit den neuen Unisex-Tarifen für den gleichen Beitrag im Schnitt tendenziell weniger Rente", sagt Schinnenburg. "Für Frauen bringen die neuen Unisex-Tarife hingegen mehr Rente."

Ein Beispiel: Bei einer Einzahlung von 200 Euro monatlich erhalten 30-jährige Kunden bei einer klassischen Rentenversicherung nach 37 Jahren jetzt durchschnittlich 370 Euro monatlich. Vor Einführung der Unisex-Tarife wurde Männern rund 385 Euro und Frauen rund 356 Euro ausgezahlt.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist das Preisniveau gestiegen. Hier differenzieren die Versicherer laut Morgen & Morgen allerdings nicht mehr nur nach Geschlechtern. Bei der Beitragskalkulation orientieren sie sich inzwischen eher am Mischungsverhältnis im jeweiligen Beruf.

In der Berufsgruppe der Bürokauffrau beziehungsweise des Bürokaufmannes sinkt der Beitrag für Frauen um fast 11 Euro und für Männer nur um 0,20 Euro pro Monat bei einer angesetzten BU-Rente von 1500 Euro im Monat. Im eher männlich geprägten Berufsbild, wie dem KFZ-Mechatroniker, sparen Frauen rund 8 Euro monatlich, Männer zahlen hingegen über 3 Euro mehr.

Ob sich das höhere Preisniveau bei allen Versicherungsarten in Zukunft so halten wird, ist aber derzeit noch nicht klar. "Der Markt hat sich noch nicht gesetzt", sagt Thorsten Rudnik. "Die Versicherer haben jetzt gerade erst angefangen, die Konkurrenz zu beobachten", ergänzt Schinnenburg. "Der Wettbewerb um die Kunden wird daher bald anziehen." Denn auch Versicherungen verkaufen sich am Ende über den Preis.