GLS-Bank: Verantwortung statt Gewinnmaximierung
Stand: 13.05.2011
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Bochum - Wer vor der Zentrale der GLS-Bank in Bochum steht, merkt sofort, dass er es mit einem etwas anderen Kredit in zu tun hat. Unübersehbar prangt an der Außenfassade die Warnung: "Mach Geld zu deinem Gott, und es wird dich plagen wie der Teufel." Ein Zitat des britischen Schriftstellers Henry Fielding.
Auch Thomas Jorberg, der Chef des Geldinstituts, hat ein für einen Banker ungewöhnlich distanziertes Verhältnis zum schnöden Mammon. Geld sei für ihn "nicht so wichtig", sagt der 53-jährige Manager. "Geld ist kein Selbstzweck. Das Ziel wirtschaftlicher Betätigung kann es nur sei, die Bedürfnisse der Menschen zu decken."
Das mag in manchen Ohren weltfremd klingen. Doch genau diese Einstellung hat die "Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken" zu Deutschlands größter alternativer Bank gemacht. Allein im vergangenen Jahr stieg die Bilanzsumme des auf "ethische" Geldanlagen spezialisierten Instituts um knapp 37 Prozent auf fast zwei Milliarden Euro. Im laufenden Jahr erwartet die Bank erneut ein Plus von 35 Prozent. "Unser Ehrgeiz ist natürlich, dass wir in Deutschland der Marktführer bleiben in diesem Bereich", sagt Jorberg.
Das Besondere an der Bank: Sie fördert mit dem Geld, das die Kunden bei ihr anlegen, ausschließlich nachhaltige Projekte in den Bereichen Ökologie, Soziales und Wohnungsbau. Sie gibt Kredite an Bio-Bauernhöfe und fördert regenerative Energien. Sie greift freien Schulen und Waldorf-Kindergärten unter die Arme, finanziert aber auch Geburtshäuser und Sterbehospize sowie Behinderteneinrichtungen. Und während andere Banken sich in Geheimniskrämerei üben, veröffentlich die Bank jeden Kredit im Internet. Das Ziel: Transparenz.
Der Erfolg der Bank ist zu großen Teilen auch der Erfolg Jorbergs. Er ist seit 1993 Vorstand der Bank und seit 2003 Vorstandssprecher. Doch seine Beziehung zu dem ungewöhnlichen Geldinstitut begann schon viel früher - im Jahr 1977.
Geld wird als Motivation überschätzt
Damals war der Abiturient nach Bochum gekommen, um vor Studienbeginn bei der Renovierung eines Kindergartens zu helfen, weil er "schon immer zwei rechte Hände hatte". Unterkunft fand er bei dem Anthroposophen und GLS-Bank-Gründer Wilhelm Ernst Barkhoff und wurde so der erste Lehrling der erst drei Jahre zuvor gegründeten "ersten sozial-ökologischen Universalbank der Welt". Nach der Banklehre folgte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Dann kehrte Jorberg zur GLS-Bank zurück.
"Ich glaube, ich wäre nicht Banker geworden bei einer anderen Bank. Das hat mich nie gereizt", sagt der Vater zweier erwachsener Kinder heute. Dabei könnte er woanders wohl mehr Geld mitnehmen, denn für einen Bankchef verdient Jorberg vergleichsweise wenig. Für seinen Zwölfstundentag bekommt er knapp das Sechsfache eines Berufseinsteigers, wie er sagt. Sein Dienstwagen ist ein acht Jahre alter Audi A6 mit 170.000 Kilometern auf dem Tacho.
Doch der Begriff "wenig" sei natürlich relativ, betont der Banker gleich im nächsten Satz. "Es reicht ganz gut zum Leben." Und was nicht mit Geld aufzuwiegen sei: Er könne, was er persönlich anstrebe, in Einklang bringen mit seinem Beruf.
Als Ausgleich zum Job spielt Jorberg einmal die Woche Basketball. "Ich sehe außerdem zu, dass ich noch ein-, zweimal laufe oder Rad fahre. Und ich bin ein leidenschaftlicher Segler", verrät der Banker.
Macht Geld glücklich? "Dass man gut leben kann, ist natürlich schon angenehm, ganz ohne Frage", antwortet Jorberg. Außerdem gebe Geld einem die Möglichkeit, Dinge zu gestalten. Doch werde Geld als Motivation überschätzt. "Ein Gehalt kann, wenn es zu niedrig ist, demotivieren. Aber richtig motivieren? Nein, nicht wirklich, also mich nicht - und ich glaube auch viele andere nicht", sagt er.